Bush-Mitarbeiter stiehlt Artikel:Copy, Paste and Kill

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Durch einen peinlichen Abschreibe-Fehler ist alles aufgeflogen: Ein wichtiger Stratege des Weißen Hauses hat jahrelang Textauszüge gestohlen und als eigene Arbeiten veröffentlicht. Jetzt wurde er ertappt.

Von Niklas Hofmann

Der Name des 1933 aus Deutschland in die USA emigrierten Soziologen und Philosophen Eugen Rosenstock-Huessy taucht schon in deutschen Feuilletons nicht unbedingt allwöchentlich auf. Noch weniger als feste Referenzgröße dürfte er im Zweifel den Lesern des News-Sentinel aus Fort Wayne, Indiana, vertraut sein. Ausgerechnet an einem Rosenstock-Huessy-Zitat in diesem braven Lokalblatt lief nun die Karriere eines wichtigen Mitarbeiters von US-Präsident George W. Bush auf Grund.

Timothy Goeglein. (Foto: Screenshot: sueddeutsche.de)

Timothy Goeglein war Verbindungsmann zum konservativsten Republikaner-Flügel und rechte Hand von Bushs früherem Chefstrategen Karl Rove. In seiner Freizeit belieferte er - unentgeltlich - seine Heimatzeitung, den News-Sentinel, mit Gastkolumnen.

Aufgeblasen

Über deren aufgeblasene Intellektualität machte sich Nancy Nall, früher ebenfalls Kolumnistin des News-Sentinel, wiederholt in ihrem Blog lustig. Die Erwähnung Rosenstock-Huessys in einer Goeglein-Kolumne über College-Erziehung vom vergangenen Donnerstag schien ihr, so berichtet sie im Onlinemagazin Slate, als besonders "obskures Namedropping".

Sie googelte nach dem ihr unbekannten Gelehrten und stieß auf einen zehn Jahre alten Artikel aus der Universitätszeitung Dartmouth Review, aus dem Goeglein Teile der Kolumne wörtlich kopiert hatte. Dann ging alles sehr, sehr schnell. Um 7 Uhr 38 am Freitagmorgen veröffentlichte Nall ihren Blogeintrag. Andere Weblogs griffen die Geschichte sofort auf. Um 11 Uhr 30 räumte Goeglein die Vorwürfe ein und war bis zum Abend von seinem Posten im Weißen Haus zurückgetreten. Der News-Sentinel hat bis heute in 27 von 77 Kolumnen Goegleins plagiierte Passagen entdeckt.

Wie Nancy Nall jetzt in Slate erzählt, wäre sie Tim Goeglein aber wohl nie auf die Schliche gekommen, hätte dieser überhaupt gewusst, um wen es sich bei Rosenstock-Huessy handelt. Denn schon in der Originalquelle wurde dessen Name als "Eugene Rosenstock-Hussey" gleich doppelt falsch geschrieben. Nur weil Goeglein die Falschschreibung ahnungslos mitkopierte, konnte Nall beim Googeln unter den wenigen Treffern auf den plagiierten Text aus der Dartmouth Review stoßen. Schon mit einem kurzen Klick zur Wikipedia hätte Goeglein seine Karriere wohl retten können.

© SZ vom 5.3.2008/ehr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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