Buchvorstellung:Die Fernwehmacherin

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Natascha Sagorski ist Autorin, Fernsehmoderatorin und PR-Managerin. Ihre politischen Ambitionen scheiterten am Frauenbund der SPD. "In 80 Tagen zu Dir" ist ihr viertes Buch - ein leichter Reise- und Liebesroman

Von Barbara Hordych

"Was will eigentlich diese Barbie hier" ist eine Frage, die Natascha Sagorski - lange blonde Haare, 30 Jahre alt - gefühlt schon ein Leben lang begleitet. Ob als Studentin der Sozial- und Politikwissenschaften in Augsburg und München, als Aktive in der Hochschulpolitik oder als SPD-Mitglied: "Immer haftete mir ein gewisser Tussi-Touch an - nur weil ich blond und ganz hübsch bin, gerne Kleider und High Heels trage und so auch in meine Seminare gestöckelt bin", sagt Natascha Sagorski. Ein Klischee, dem sie nur entkommen konnte, "wenn ich den Mund aufgemacht und diskutiert habe". Doch auch das funktionierte nicht immer.

Symptomatisch war etwa eine Moderation zur 120-Jahr-Feier der Bayern-SPD in Regensburg, "bei der ich ein hochgeschlossenes rotes Kleid trug, das aber kurz über dem Knie aufhörte". Im Anschluss "fiel der feministische Frauenbund regelrecht über mich her", sagt Sagorski. Als irgendwann Damenwäschekataloge bei ihr im Fach auftauchten, reichte es ihr. "Da dachte ich mir, gut, dann wechsele ich eben in die Medienbranche". Sie übernahm eine Kolumne in dem Peoplemagazin Life & Style, moderierte bei ProSieben "Nataschas Print Sprint" und beschäftigte sich als Kolumnistin "Miss Understood" in der Sendung "taff" mit allem, was Männer über Frauen wissen sollten.

"Die Schauplätze meines Romans existieren wirklich", erzählt Sagorski. So stillt er einerseits die Reiselust - und entfacht sie gleichzeitig neu. (Foto: picture-alliance/ gms)

Parallel dazu ließ sie ihre Leidenschaft für das Schreiben nie los. "Schon in der Grundschule sagten mein Deutschlehrer und viele Klassenkameraden zu mir: Natascha, du wirst später einmal Bücher schreiben." Den Anstoß dafür gab schließlich ein Fernsehbeitrag über einen Berliner Verlag, der junge Autorinnen suchte. Natascha meldete sich - woraufhin 2009 ihre erste Kurzgeschichtensammlung, "Krasse Abstürze" bei Schwarzkopf & Schwarzkopf erschien. Es folgten leichtfüßige Ratgeber wie "Schuhe, Taschen, Männer" (2010) und schließlich "Don't Call It Pussy!" (2012). In letzterem erklärt die Karlsruherin, die seit der Beendigung ihres Studiums an der LMU in München lebt, nachholbedürftigen männlichen Wesen "Dinge, die Männer endlich über Frauen lernen sollten" - damit "es" im Bett und darüber hinaus auch klappt. Ein Unterfangen, dem es an konkreten Hinweisen nicht mangelt, weshalb die Lektüre ihrer Mutter peinlich gewesen sei. Nicht aber ihrem Vater, "der ist mein größter Fan, der hat es mehrmals gekauft und verschenkt".

Trotzdem ist es die Mutter, die mit ihrem Reisebüro die "Fernreisesehnsucht" in ihr entfacht hat. Der frönt sie heute hauptberuflich mit ihrer Tätigkeit als PR-Managerin für Luxusressorts, Reedereien und Privatinseln. "Mein Vater, ein Finanzbeamter, wollte dagegen immer nur am selben Ort, idealerweise in Deutschland, Urlaub machen." Die Ehe wurde geschieden, doch wie so vieles in Natascha Sagorskis Leben klingt auch ihre "Scheidungskind-Geschichte" federleicht: Demnächst machen alle Akteure gemeinsam Wanderurlaub - die Eltern mit ihren jeweils neuen Partnern und die einzige Tochter mit ihrem Lebensgefährten.

Echt blond? Von der SPD und dem Studium zum Luxustourismus - und nebenher schreibt sie Unterhaltungsliteratur: Natascha Sagorski. (Foto: Stephanie Füssenich)

Irgendwann kam der Anruf eines Literaturagenten: Ob sie nicht einmal "etwas Richtiges" schreiben wolle? Natascha wollte. Und so erschien eineinhalb Jahre später ihr erster Roman "Männerschlussverkauf", mit einer chaotischen und liebenswerten Boulevardjournalistin namens Anna als Heldin. "Die war biografisch sehr nah an mir dran, was auch in Ordnung war, aber danach wollte ich eine neue Herausforderung", erzählt Natascha Sagorski im Biergarten des Parkcafés. Ihr rotes Kleid flattert in der Sommerbrise, mit geübtem Griff klaubt sie sich ein paar Kieselsteine von den Fußsohlen, die beim Gehen in ihre High Heels hineingerutscht sind. Eine lebhafte und unprätentiöse Barbie, wenn man dieses Bild denn überhaupt noch einmal bemühen will. Die noch dazu gerne lacht - auch über sich selbst.

In ihrem neuen Roman "In 80 Tagen zu dir" (Blanvalet) wagt sie sich also auf ein neues Feld: Das Buch ist zur Hälfte aus der Perspektive eines jungen Mannes erzählt, und es enthält Briefe, die den Leser in eine Zeit zurückversetzen, als die Großeltern der beiden Gegenwarts-Helden Stine und Finn eine nicht lebbare Liebe verband. "Auch wenn mich dieser Ausflug in die Vergangenheit sehr faszinierte, wollte ich doch keinen historischen Roman schreiben, dafür war mir die Gegenwartshandlung zu wichtig", sagt Natascha Sagorski. Welcher Aspekt genau? "Natürlich kommt die während einer Karibik-Seereise spielende Geschichte leicht und unterhaltend daher", gibt die Autorin freimütig zu. "Aber ich wollte mit dem Roman auch Werbung machen für die netten Jungs, die uns Frauen gut tun - wir fliegen ja oft auf die ,bad guys', die uns in ein Gefühlschaos stürzen, das uns nur runterzieht", sagt die Autorin, die die frühere Ratgeberin in sich nicht verhehlen kann. Sie habe Finn als Mann "für den zweiten Blick" konzipiert. Der schließlich ins Visier ihrer Heldin Stine gerät: Die steckt gerade in einer akuten Krise, seit sie von ihrem Sender als Moderatorin einer Abendshow eingesetzt wurde. Beim ersten großen Auftritt, perfekt geschminkt und frisiert, versagte ihr die Stimme. "Sie haben aus ihr ein Zirkusäffchen gemacht", erklärt die Autorin, und "ihr damit ihre Stimme geraubt". Und als "Zirkusäffchen", da ist Natascha wieder ganz nahe bei Stine, wolle auch sie sich nicht vorführen lassen - schon gar nicht in der Landespolitik.

In 80 Tagen zu dir , Buchpremiere, Di., 21. Juli, 18.30 Uhr, Bar des Tian, Frauenstr. 4, ☎ 885 65 67 12

© SZ vom 21.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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