Bischof Mixa bei Maybrit Illner:Der sanfte Weg des Scharfmachers

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In der Presse reitet der Augsburger Bischof Attacke um Attacke auf die Familienpolitik der Bundesregierung. Im ZDF wurde aus dem Wortkrieger Gottes ein Beschwichtiger.

Hans-Jürgen Jakobs

Da saß er also im geistlichen Gewand - jener Mann, der vor dem offensiven Krippenkonzept der Familienministerin Ursula von der Leyen mit dem Argument gewarnt hat, damit würden Frauen zu "Gebärmaschinen" degradiert. Später hatte er noch nachgeschoben, die Würde der Frau werde verletzt und es sei "inhuman", wenn sie ihre Kinder früh aus dem Haus gebe.

Als der Augsburger Bischof Walter Mixa nun am Donnerstagabend im ZDF Stargast bei Maybrit Illner war, gab er sich freilich nicht als Wortkrieger Gottes, sondern als Beschwichtiger. Es war, als habe einer seiner vielen Medienberater dem Geistlichen geraten, vor großem Publikum im Fernsehen nur ja keine Angriffsflächen zu bieten.

Mixas dialektische Drechselei

Krippenplätze? Kein Problem, das biete die Diözese Augsburg auch. Arbeitsplätze für Frauen? Ja, auch das gebe es in der Diözese, meist als Teilzeitarbeit, zum Beispiel in der "EDV". Wahlfreiheit? Natürlich, die Frauen sollen frei entscheiden können - und Mütter, die keinen Krippenplatz haben wollen, für ihre Kleinen das Geld bekommen, das der Staat investiert.

Was der Bischof so freundlich daher plauderte, war in Wahrheit dialektische Drechselei himmlischen Ausmaßes. Die Milliarden-Last, die mit solchen Mütterhilfswerken verbunden wäre, würde den Staat nun einmal garantiert überfordern - zu den in Mixas Ideologie bekämpften Krippenplätzen käme es gar nicht erst.

Eine geordnete Diskussionsführung zum Thema "Werden die Kinder verstaatlicht", die argumentativ Näheres beiträgt, gelang Moderatorin Illner nicht. Sie verdankt ihr gutes Image womöglich auch der Tatsache, dass die gut dotierte ARD-Konkurrenz Sabine Christiansen so viele Schwächen zeigt.

Der zornige Ulrich Wickert von der ARD, der Auskunft über die ganz andere Lage in Frankreich geben sollte, drang mit seinen Einwürfen zu Mixa nicht richtig durch. Einzig die ehemalige Familienministerin Renate Schmidt (SPD) nahm sich mit Nachdruck des Augsburger Provokateurs in der Runde an, der gleichwohl seine Leitlinie nicht aufgab, Kreide gefressen zu haben.

Sie kenne ihn gut, sagte die Fränkin, habe sich dann aber gefragt, "was ist in den Typ gefahren?" Mixa sei nicht der Würde eines Bischofs gerecht geworden. Beifall! Renate Schmidt beklagte das Verhalten der Männer, die nicht genug auf die Frauen und ihre Berufswünsche eingingen und meinte, davon könne der Bischof ja vielleicht nicht so viel wissen.

Geradezu unerträglich war die Lobbyistin Beatrix Selk-Schnoor vom "Familiennetzwerk", deren Stimme ins Hysterische umzuschlagen drohte und die permanent Diskriminierung der Nur-Mütter beklagte. Sie beschrieb den Wunsch der vielen, zuhause zu bleiben, was sie aus Umfragen wusste.

Wiederkehr der Unfehlbarkeit

Diese Litanei wurde zuweilen so penetrant, dass man sich fragen konnte, wie glücklich wohl ihre vier Kinder bei einem solchen Debatten-Stil werden. Brigitte-Chefredakteur Andreas Lebert hatte in diesem Talk vor allem eines beizusteuern: Promotion für sein aktuelles Buch zur Befindlichkeit der Männer.

Bischof Mixa blieb der Fels in der Brandung. Alles floss ab. Im TV-Studio wiederholte er keinen seiner Angriffe, führte aber gleichwohl aus, bei seinen früher gewählten Vokabeln zu bleiben. Er sei nicht richtig verstanden worden.

Irgendwann gegen Schluss seiner pseudo-liberalen Thesen gab Bischof Mixa dann doch zum Besten, dass es ihm darum ginge, normale Frauen zu fördern - Frauen, die eben ihre Kinder zuhause lange erziehen wollen. Da war es wieder, die Unfehlbarkeit. Und der Anspruch, die Frauen in "normale" und - folglich - "unnormale" einteilen zu wollen. "Wir brauchen frauenfreundliche Politik", formulierte der medienbewusste Geistliche noch und platzierte so einen Satz, den jeder Politiker in Berlin auch gesagt haben könnte.

Dann war die Sendezeit schon zu Ende und die Moderatorin verwies eilig auf den nachfolgenden Kollegen Johannes B. Kerner, der mit Dieter Bohlen spreche. Erst Mixa, dann Bohlen! "Bleiben Sie heiter", war ihre Empfehlung - auch das nicht ganz falsch. Manchmal aber gefriert das Lächeln, wenn man sieht, wie erwachsene Menschen eine Stunde lang ums Thema herumreden können.

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