Bildband "Klassische Automobile":Im Dienste des Blicks

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Michael Furmans hat die schönsten Autos der klassischen Moderne fotografiert. Ein Fest für die Augen!

BERND GRAFF

Kann man Schönheit bemessen? Kann man sie besitzen? Kann man sie überhaupt begreifen? Ist sie eine Eigenschaft der Welt oder entsteht sie im Auge des Betrachters? Weil etwas die Sinne reizt, weil schöne Dinge und Wesen unmittelbar zu sprechen beginnen, weil sie ohne Aufdringlichkeit - berühren?

Furman ist sich der diskreten Wucht seiner Bilder gewiss. (Foto: Foto: aus dem bespr. Band)

Der amerikanische Fotograf Michael Furman hat für den Bildband "Klassische Automobile" (Delius Klasing Verlag, Bielefeld 2005. 264 Seiten, zahlreiche Abb., 49,90 Euro) die ausdrucksstärksten Mobile der Moderne aus den USA und Europa zusammen gebracht und in seinem Studio wie auf einem Altar zelebriert. Er konzentriert sich ganz auf die Schönheit ihrer Form, auf den Rhythmus der Linien, auf die Arrangements des Lichts, das fast schon frivol an poliertem Lack entlang streicht und dem Metall zu einem überwirklichen Glanz verhilft. Dazu hat der Fotograf alles das, was seinen Zwecken abträglich wäre, souverän von den Fahrzeugen fern gehalten: den Menschen, die Straße, die Stadt, den Verkehr. Also all das, was seine Objekte an einen konkreten Raum und eine bestimmte Zeit binden würde. So werden nicht einmal Worte verloren, um etwa den "Delahaye 135MS" aus dem Jahr 1947 (Bild links), den Mercedes-Benz SSK "Graf Tossi" von 1930 (Mitte) oder das '37er "BMW 327 Cabriolet" (rechts) gleichsam mythisch erstrahlen zu lassen. Furman ist sich der diskreten Wucht seiner Bilder so gewiss, dass er oftmals nur Details seiner Fahrzeuge, etwa den Tankverschluss des "Rolls-Royce Phantom I" oder vier Radspeichen des "Duesenberg SJ", abbilden muss, um von der Schönheit eines gesamten Wagen-Körpers zu überzeugen.

Man mag dann das Ergebnis seiner Bild-Anstrengung für synthetisch, aseptisch, maniriert und vielleicht auch lebensfeindlich halten. Und diejenigen, die im Auto einen Fetisch sehen, werden sich wohl in Anbetracht dieses fulminanten orbis pictus der mobil-schönen Welt bestätigt fühlen. Doch Furmans Fuhrpark ist auch die Antwort auf eine komplizierte Frage: Ja doch, es ist allein der Blick, der Schönheit misst, besitzt und begreift. Und Furman ist einer seiner ersten, einer seiner vornehmsten Diener.

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