Wohlbekannt sind die letzten Worte Johann Wolfgang von Goethes (1749 - 1832), Dichter und bedeutendster Vertreter des Sturm und Drang, der Weimarer Klassik und gefühlt aller weiteren Epochen der Literaturgeschichte. Der Verfasser des meistzitierten Werks der deutschen Literatur (Faust I) beschloss sein Leben angeblich mit einem standesgemäßen
"Mehr Licht",
das so herrlich viel Spielraum für Interpretationen lässt: Was wollte uns der große Denker damit sagen? Wohl meinte er das Licht der Aufklärung, das der Nachwelt scheinen sollte. Oder forderte der stets nach mehr Bildung strebende Naturwissenschaftler ganz pauschal noch mehr Wissen, Geistesschärfe, Erleuchtung?
Die Aussage scheint, gleich wie man sie auslegt, eines Genies würdig. Daher fällt es uns an dieser Stelle wirklich schwer, anzufügen, dass es sich bei dem Ausspruch des Meisterdichters lediglich um einen Auszug handelt. Das vollständige Zitat liest sich ungleich banaler:
"Macht doch den zweiten Fensterladen auch auf, damit mehr Licht hereinkomme."
Schlimm genug, dass die letzten Worte des Genies durch ein so irdisches Bedürfnis abgewertet werden, doch es kommt noch schlimmer: Überbringer der Goethe'schen Hinterlassenschaft für die Nachwelt war der Arzt Carl Vogel. Der soll zum betreffenden Zeitpunkt jedoch gar nicht anwesend gewesen sein.