Berlin:Grüner Plüsch und harte Beats

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"The Love Is Back" lautet das Motto der wiederaufgelegten Love Parade in Berlin. Das Comeback scheint geglückt: Rund eine Million Raver feierte in schrillen Kostümen rund um die Siegessäule.

Für Techno-Freaks aus aller Welt gab es am Samstag wieder nur ein Ziel: die größte Party der Szene, die Love Parade um die Siegesssäule in Berlin. Nach zwei Jahren Pause tanzten sich bei dem legendären Riesen-Rave knapp eine Million Teilnehmer zu ohrenbetäubender elektronischer Musik stundenlang in Rage.

Gestählte Körper, sexy Outfits, Federboas, grüne Plüsch- Stulpen, Trillerpfeifen, Bauarbeiter-Westen - auch bei der 16. Love Parade unter dem Motto "The Love is Back" war bei vielen Fans wieder freizügige und ausgefallene Kleidung angesagt.

Parade-Erfinder DJ Dr. Motte war dieses Mal nicht dabei, weil er im Clinch mit den neuen Veranstaltern liegt. Doch das Comeback der Love Parade scheint auch ohne ihn geglückt.

Die Stimmung der bewegten Masse bringt Sabine Martin mit wenigen Worten auf den Punkt. "Es ist so geil hier", sagt die Filialleiterin einer Spielothek in Sömmerda bei Erfurt. Mehr ist nicht zu verstehen. Laut krachen die Bässe, einer der 40 Musikwagen zieht vorbei und die 40-Jährige verschwindet wild tanzend in der bewegten Menge. Es ist ihre fünfte und sicher nicht letzte Love Parade entlang der Straße des 17. Juni.

"Es ist sehr international, weil der Termin so nah an der WM liegt", sagt Thomas Kordes aus Münster. Der 27-Jährige ist in ein oranges Puschelkostüm gekleidet und trägt ein gleichfarbiges Blinklicht auf dem Kopf. Ein oranges Hirschgeweih rundet sein Outfit ab. Er will "einen Tag aus dem Alltag ausbrechen, richtig bunt sein und Spaß haben". Er habe bereits mit Australiern und Argentiniern gesprochen, berichtet der kaufmännische Angestellte.

Auch zahlreiche Techno-Fans aus den an Deutschland grenzenden Ländern habe sich auf den Weg zu dem weltbekannten Musikspektakel gemacht. Doch nicht alle lieben es so bunt wie der Münsteraner. Etwa die Hälfte der Tanzenden verweigert sich der Kostümierungs-Tradition. "Ich komme hier her für die Musik und nicht, um mich kurios zu kleiden", rechtfertigt sich der 22-Jährige Nick Hogendoorn aus dem niederländischen Rotterdam seine Alltagskleidung. Seinen Spaß hat er auch so.

Anderen verdirbt das die Laune. "Das ist die Love Parade, das ist doch etwas Besonderes", sagt die 20 Jahre alte Auszubildende Svenja Dönekas aus Oldenburg.

Die erstmalige Öffnung der Parade für alternative elektronische Musikrichtungen ruft bei den Feiernden gemischte Gefühle hervor. "Die Szene ist über die Jahre offener geworden", sagt die 29-jährige Melody aus Mainz. Die Fremdsprachensekretärin im blauen Bunny-Kostüm befürwortet den Wandel.

Eine 27-jährige Lehrerin aus Braunau in Oberösterreich ist damit weniger glücklich: "Das war traditionell immer eine reine Techno-Party. So hätte es bleiben sollen."

Die Stimmung in diesem Jahr ist nach Meinung mancher "erfahrener Love-Parade-Besucher" schlechter als zu den Glanzzeiten in den 90ern. "Die Leute sind total zurückhaltend", meint Ramona (31) aus Mainz.

Das sagt auch Jan Key aus Hannover, der in Berlin auf seiner 30. Technoparade tanzt. Er steckt von Kopf bis Fuß in einem weißen Plastikkostüm, das er in mühevoller Arbeit mit Kunststoff- Sonnenblumenköpfen und -Marienkäfern beklebt hat.

Ein Besucher erklärt sich die veränderte Stimmung mit der zweijährigen Pause und mit dem Generationswechsel bei den Gästen. Sie seien mit den Jahren älter und ruhiger geworden.

Nach dem Ausfall der Love Parade in den vergangenen Jahren hat es Stephan Behrens aus Bremen zum Ersatz mit dem Besuch ähnlicher Events wie zum Beispiel der "Vision Parade" in seiner Heimatstadt versucht. Doch nur die Love Parade entlang der Straße des 17. Juni kann ihn begeistern. "Hier in Berlin ist der Ursprung. Hier gehört das auch hin", sagt der 22-Jährige Drucker und drängt mit seinen grün gefärbten Haaren tanzend zurück in die ekstatische Masse.

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