Benefizabend:Klänge gegen Krieg

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Münchner Musiker veranstalten ein geheimes Festival für den Jemen

Von Michael Zirnstein, München

Es ist sein sehr persönliches Bedürfnis, etwas für die Kulturszene im notleidenden Jemen zu tun. In der wurde Federico Sanchez vor ein paar Jahren mit seiner Band Kamerakino drei Wochen lang herzlich aufgenommen. "Musik in München ist Musik für Aden" war die Idee für das Benefiz "Peace & Noise" mit Filmaufnahmen aus dem Jemen und Musikern aus dem Freundeskreis wie Das Weiße Pferd, Pollyester, The Notwist, Murena Murena, Majmoon, Leroy, Friends of Gas, Majmoon, Belp und etlichen mehr. Doch zuletzt plagten den Sänger und Labelbetreiber starke Zweifel, ob das alles einen Sinn habe. Nach dem von Saudi-Arabien angeführten "Sturm der Entschlossenheit" gegen die fundamentalistischen Huthi-Putschisten im März waren seine Kontakte in den Jemen abgebrochen. Etwa zu seinem Musikerfreund, dessen beide Brüder im Bürgerkrieg gestorben sind und dessen Namen Sanchez zu seinem Schutz nicht veröffentlichen will. Ebenso wenig erreichte er den Direktor einer Kulturinitiative, die er unterstützen will, und die auch ungenannt bleiben soll, obwohl sie mit Musik-, Kunst- und Theaterunterricht für Kinder wahrlich Gutes tun will in dem Land, in dem das Alltagsleben in Trümmern liegt. "Aber es gibt Leute dort, die unsere Idee von Kultur verteufeln und beseitigen wollen", sagt Sanchez.

2007 noch war alles anders, als er mit seinem Kollektiv Kamerakino in den Jemen reiste, oder zumindest mit Sebastian Meyhöfer, Daniel Murena und Sebastian Kellig, denn das Deutsche Haus konnte nur vier Flugtickets zu einem "Blinddate mit jemenitischen Musikern" bezahlen. "Ich habe mich total frei gefühlt", erinnert sich Sanchez. Gut, das Konzert in einem "soliden Kulturbau" in Sanaa vor dem deutschen Botschafter, dem Minister für Sport und Kultur und weiteren Honoratioren war eine "elitäre Sache, das hat auf unser Spiel abgefärbt". Aber das zweite in einem Garten in Aden geriet dann "wilder", das Publikum tanzte zwanglos zu Münchner Free-Jazz-Pop und jemenitischem Oud-Rock. So war es auch bei den Proben zugegangen, zu denen die Musiker Freunde mitbrachten, Kath kauten und alle "hippyesk abhingen".

Das alles ist nun sehr fern. Sanchez' dort berühmter Freund mit der Oud kann momentan gar keine Musik machen. Das hat Sanchez erfahren, als er ihn vor wenigen Tagen doch am Telefon erreichte. "Endlich ein Lebenszeichen." Auch der Direktor hat gerade eine Email geschrieben, von seiner Flucht, seiner Rückkehr und davon, wie wichtig so ein Konzert in der Ferne sei. "In der Tat brauchen die Bewohner Adens und vor allem die Kinder sehr dringend jemanden, der ihr Leid nachempfinden kann." Kunst könne als Balsam auf die Wunden dienen. Und so ziehen Sanchez und seine Freunde ihr Festival durch, mit etwas mulmigem Gefühl, selbst zur Zielscheibe zu werden. "Aber das Falscheste wäre es, kleinbeizugeben."

Peace & Noise , So., 27. Dez., 19 Uhr, Privatkonzert, den Spielort bei der Hackerbrücke erfährt man beim Kartenkauf im Optimal-Plattenladen, 123 45 30, oder im Tam-Tam-Büro, 26 81 85

© SZ vom 23.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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