BDA-Preis verliehen:So nah am Wasser gebaut

Lesezeit: 2 min

Im Speicher der Baukultur: Die Architekten Brückner und Brückner wurden mit dem bayerischen BDA-Preis ausgezeichnet.

GERHARD MATZIG

Es fielen keine Schüsse, niemand wurde verhaftet. Doch, doch: Auch der am Dienstag in München verliehene BDA Preis Bayern wird sich dem Gedächtnis des Bundes Deutscher Architekten als würdevolle und schließlich sogar heitere Veranstaltung einschreiben.

Die Brüder Brückner haben hier etwas um- und weitergebaut, was man als architektonischen, vitalen Eigensinn bezeichnen könnte: Das Haus ist gegenwärtig und weiß dennoch etwas vom Gestern. (Foto: N/A)

Das Rednerpult in der Akademie der Wissenschaften trug ernsthaftes Dunkel, ebenso taten es die Traditionalisten unter den reichlich versammelten Architekten. Das bereitstehend stille Wasser zum Bühnen-Talk der Jurorinnen Regine Leibinger und Isa Stürm, moderiert von Andreas Hild, blieb sanft und still - und Schirmherr Alois Glück hielt acht bis zehn oder zwölf hörenswerte Reden. Etwa zu den Themen "Der Staat (und die Architekten)" oder "Das Geld (und die Architekten)". Alles in allem war dies ein gelungener Abend - allerdings auch deshalb, weil er noch etwas anderes aufzuweisen hatte: Suspense, Thrill und sogar das, was Dirk Rumberg, Leiter der Unternehmenskommunikation des Süddeutschen Verlags, als "kriminelle Energie" bezeichnete.

Vielleicht war es sogar der Schatten, der an diesem Abend für das lichtvolle Strahlen zu sorgen hatte.

Bekanntlich konnte der ehrgeizige und durchaus vielversprechende "Publikumspreis", den sich der BDA (parallel zum regulären BDA-Preis) hatte einfallen lassen und der auf den Webseiten der Süddeutschen Zeitung zwei Wochen lang quasi als "Architektur zum Anklicken" realisiert werden sollte, nicht verliehen werden. "Hacker" hatten die Abstimmung manipuliert ( Link).

Trotz des gewaltigen Interesses an dieser neuen Preisform - Zehntausende hatten sich über die sieben nominierten Architekturentwürfe unter sueddeutsche.de informiert und den jeweiligen Favoriten per Klick gewählt - musste das öffentliche Onlinevotum schließlich als "ungültig" beendet werden.

Schade drum. Schließlich wäre es aufschlussreich gewesen, mit Hilfe des "Publikumspreises" über die allgemeine, eher emotionale Architekturbetrachtung im Gegensatz zur eher rationalen Meinung der Experten, zu diskutieren - geht es doch um jene Disziplin, die von sich selbst behauptet, sie sei die "öffentlichste" aller Künste.

Aber dafür kann man sich jetzt die schönsten Verschwörungstheorien ausdenken. Wer, um Himmels willen, hat ein Interesse daran, eine solche Initiative zu unterlaufen? Kann es sein, dass irgendwo auf dieser Welt einige Computerkriminelle mit ihren jüngsten Erfolgen prahlen? "Mann, ich habe gestern den Zentralcomputer des amerikanischen Verteidigungsministeriums geknackt." - "Ach, das ist ja gar nichts. ICH habe sogar den Architekturpreis des BDA Bayern gehackt." Naja. Der Rest?

Spekulation - und Sache der Polizei. Jedenfalls lässt sich keineswegs sagen, dass eine der nominierten Arbeiten manipulativ bevorzugt wurde.

Wichtiger ist ohnehin das BDA-Versprechen, wonach der Preis auch in Zukunft dazu genutzt werden soll, die gelegentlich einander entfremdeten Ehepartner "Architektur" und "Publikum" zu versöhnen. Und wichtig ist auch die Feststellung, dass der diesjährige BDA-Preis einem würdigen Objekt zuerkannt wurde: dem "Kulturspeicher" in Würzburg.

Die Architekten Peter und Christian Brückner haben von 1996 bis 2001 im Auftrag der - als Bauherrin gleichfalls gewürdigten - Stadt Würzburg ein ehemaliges Lagerhaus der bayerischen Staatshäfen zum eindrucksvollen Museum umgebaut. Direkt am Main gelegen, dominiert der frühere, backsteinern sich längs des Flusses streckende Getreidespeicher die Szenerie; durch räumlich behutsame, aber auch selbstbewusst zeitgenössisch ausformulierte An- und Vorbauten konnten auf drei Ebenen insgesamt 12 Ausstellungsräume geschaffen werden - die nun den beiden Sammlungen und wechselnden Ausstellungen zur Verfügung stehen. Die Brüder Brückner haben hier etwas um- und weitergebaut, was man als architektonischen, vitalen Eigensinn bezeichnen könnte: Das Haus ist gegenwärtig und weiß dennoch etwas vom Gestern.

133 eingereichte Arbeiten, darunter Wohnhäuser, Hauptfeuerwachen, Flughafenterminals, Kirchen oder auch Vinotheken, waren von der Jury zu bewerten. Außer dem preisgekrönten Würzburger Kulturspeicher wurden auch noch diese Architekten "ausgezeichnet": Amann & Gittel, Bembé + Dellinger, Stephan Braunfels, Kehrbaum Architekten, Meck Architekten zusammen mit Stephan Köppel sowie Steidle + Partner. Alle Arbeiten sind noch bis 19. Februar im Lichthof der Fachhochschule München zu besichtigen. Nur müsste man dazu den Hacker-Arbeitsplatz am Rechner verlassen und ins Leben treten. Dazu benötigt man etwas Energie - wenn auch keine besonders kriminelle.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: