Alexander Klee:"Einzigartiger Ideenreichtum"

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Der Enkel kümmert sich um das Werk seines Großvaters. Im April trifft er Mayen Beckmann zum Gespräch.

Interview von Johanna Pfund

Paul Klee und Max Beckmann waren Zeitgenossen und wegweisende Künstler auf ihre jeweils eigene Art. Viel miteinander zu tun hatten sie jedoch nicht. Im Rahmen der Klee-Ausstellung treffen nun die beiden Enkel aufeinander und zwar bei einem öffentlichen "Talk" am 12. April, ab 18.30 Uhr in der Pinakothek der Moderne in München. Alexander Klee und Mayen Beckmann schildern hier vorab die Beziehung zu ihren Großvätern und den Umgang mit dem Erbe.

Haben Sie Ihren Großvater noch selbst kennengelernt?

Alexander Klee: Leider habe ich meinen Großvater selbst nie kennengelernt. lch kam 1940 drei Monate nach seinem Tod auf die Welt und wuchs bis 1948 in Deutschland auf. Er war für mich als Großvater jedoch omnipräsent. Meine Mutter erzählte von ihm, meine Großmutter Lily schrieb aus der Schweiz Postkarten, die mir meine Mutter vorlas. Lily half uns so gut wie nur möglich, die Kriegs-und Nachkriegswirren zu überstehen, bis mein Vater Felix 1946 aus russischer Gefangenschaft zurückkam.

Wann wurde Ihnen bewusst, wer Ihr Großvater wirklich war?

Da ich mit den Werken meines Großvaters an den Wänden aufgewachsen und also ständig von "Klees" umgeben gewesen war, stellte ich mir keine Fragen. Das Elternhaus war meine normale Welt. Erst mit der Zeit der Reife trat dann aber zum "nur" Großvater auch der Maler Paul Klee in den Vordergrund. Nach meinen kindlichen Interpretationen driftete ich mit dem Erwachsenwerden in seine künstlerische Welt hinein, die mich lehrte, was Freiheit der Gestaltung bedeutet: keine Suche nach Stil oder Effekt, sondern arbeiten.

Was ist Ihre Hauptaufgabe als Erbe?

Eine meiner Aufgaben als Erbe war es, mit dem Angebot einer großzügigen Schenkung - der Hälfte der im Nachlass meines Vaters Felix vorhandenen Werke und eines großen Teils des Familienarchivs - an Stadt und Kanton Bern zu gelangen, um die Schaffung eines Paul Klee gewidmeten Museums zu initiieren. Es war ein langer Weg, gewisse Mühlen mahlen langsam, aber das entstandene Zentrum Paul Klee ist zu einer nicht mehr wegzudenkenden Institution geworden.

Und Ihre Erben?

Meine beiden Söhne sind in den Prozess der Bewahrung der Familiensammlung mit eingeschlossen und werden die Verantwortungen, auch was die Dauerleihgaben meiner Familie im Zentrum Paul Klee anbelangt, weiter tragen.

Was ist Ihnen im Hinblick auf Paul Klees Erbe ein Anliegen?

Da gibt es viele Anliegen, von denen ich nur zwei hervorheben möchte: Zum einen soll das hohe künstlerische Ansehen Paul Klees gewahrt werden. Solange für seine Werke ein Copyright existierte, konnte ich bestimmen, wie und wofür Abbildungen seiner Werke verwendet wurden. Seit 2010 ist das Copyright abgelaufen. Deshalb habe ich die Marke "Paul Klee" rechtlich schützen lassen, um zu verhindern, dass Abbildungen von Werken meines Großvaters missbräuchlich oder rufschädigend genutzt werden, zum Beispiel Bilder auf Klopapier gedruckt werden. Zudem setze ich mich dafür ein, dass die Krankheit Sklerodermie, unter der Paul Klee in den letzten Jahren seines Lebens litt und die zu seinem Tod führte, besser erforscht werden kann. Ich habe deshalb das Patronat der World Scleroderma Foundation übernommen.

Wie würden Sie Paul Klee einordnen?

Paul Klees Werk ist geprägt von einem einzigartigen Ideenreichtum, technisch wie gestalterisch, thematisch wie sprachlich. Es gibt kaum einen Künstler des 20. Jahrhunderts, der bei der Titelgebung eine so große dichterische Erfindungsgabe wie Paul Klee bewies. Dazu kommt, dass ein Bild von Klee unverkennbar ist; man muss nicht unbedingt Kunstkenner sein, um es als solches zu erkennen. Und was mich immer so fasziniert: Eine Kleeausstellung zu sehen, ist doch fast wie ein Buch zu lesen. Über die Bilder und deren Titel wird das Leben des Künstlers bis hin zum tragischen Ende lesbar.

Haben Sie ein Lieblingsbild ?

Ein Lieblingsbild habe ich nicht. Es sind deren viele. Was ein Bild besonders anziehend macht, hängt doch auch von der inneren Stimmung ab, die man beim Betrachten mitbringt. Eine ausgeprägte Vorliebe habe ich für das manchmal dramatische und tragische Spätwerk, das Zwischenspiel der Linie in der Zeichnung und dem geschriebenen Titel.

© SZ vom 29.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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