Geheilt:"The Cure" von The Cure

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Eigentlich hatte Sänger Robert Smith bereits über ein Soloalbum nachgedacht. Schließlich gab es wenig, was er mit seiner Band noch nicht erreicht hatte. Doch dank neuem Produzenten hat die Band zu Kerzenschein zurückgefunden und ein neues Album aufgenommen. Ein Gutes, findet Caroline Daamen.

Da ist sie nun: Eine CD, die es eigentlich gar nicht hätte geben sollen. Zumindest wenn man die Ankündigung von Robert Smith nach dem letzten Studioalbum "Bloodflowers" im Jahr 2000 wirklich ernst genommen hätte. Der Frontmann der britischen Band The Cure hatte damals - wieder einmal - kund getan, dass nun endlich Schluss sei, und über ein Soloalbum nachgedacht.

Cover: "The Cure" von The Cure. (Foto: Foto: sueddeutsche.de)

Über 20 Jahren war The Cure im Geschäft und hatte viel erreicht: Einen Brit-Award als beste britische Band (1991), eine Grammy-Nominierung für "Bloodflowers", zahlreiche Top-Platzierungen in britischen und US-Charts und nahezu 30 Millionen verkauften Platten. Dazu ein "Auftritt" in einer Folge der Kultserie South Park - da kann man schon mal ans Aufhören denken...

...oder sich von einem tüchtigen Produzenten wie Ross Robinson, der bereits erfolgreich mit Nu Metal-Größen wie Korn oder Slipknot gearbeitet hat, zum Weitermachen bewegen lassen. Zu einem Weitermachen, wie es die Bandmitglieder von The Cure seit ewigen Zeiten nicht mehr getan hatten: Alle zusammen im Studio, mit stundenlangen Diskussionen über Text und Musik, Aufnahmen bei Kerzenlicht. Herrlich!

Niemand gibt zu, dass er The Cure nicht mag

"Auch wenn es sich ausgelatscht anhört: Es ist das Beste, was wir je gemacht haben" - sagt jedenfalls Robert Smith. Und eine klare Ansage vom "Godfather of Goth" in Richtung Kritiker und Fans gleichermaßen gibt's gratis hinterher: "Wem dieses Album nicht gefällt, der mag The Cure einfach nicht".

Was soll man da noch sagen? Schließlich gibt kaum jemand offen zu, dass er die Band um Robert Smith nicht mag. In den letzten Jahren zumindest kaum jemand.

Da haben sich vor allem US-Bands wie die Deftones, Linkin Park, die Raptures und Hot Hot Heat als Cure-Fans "geoutet". Die Punkrocker von Blink 182 spielten mit Robert Smith gar ein Stück auf ihrem aktuellen Album ein.

Da kam mitunter schon Wehmut auf, dass es Songs wie "The Love Cats", "Lullaby", "Just like in heaven", "Pictures of you" oder die Wochenend-Hymne "Friday I'm in love" so nicht mehr geben sollte. Musste wirklich Schluss sein mit schwermütigen Balladen oder eingängigen Popsongs?

Nein! Das ist Vergangenheit. Es gibt ein neues Album, und das soll sogar besser sein als alle vorherigen. Wie schön. Vielleicht kann man sich die (möglicherweise frevelhafte) Frage stellen, ob man ein Album von The Cure, dem Original, gebraucht hat, wenn doch Wut, Angst und Weltschmerz von jüngeren Kollegen im Sinne der Vorreiter zelebriert werden - mit Erfolg.

Einfache Antwort

Die Antwort ist einfach: die Herren von der Insel sind noch immer in der Lage, zu den anklagenden, wehklagenden, romantischen und launischen Texten von Robert Smith jene eleganten, raffinierten, rockigen und poppigen Melodien hervorzuzaubern, die eben nur im Original wirklich wirken (vor allem ab einer gewissen Lautstärke).

Ob es tatsächlich das beste Cure-Album aller Zeiten ist, mag dahin gestellt sein - es ist auf jeden Fall etwas für Cure-Fans, oder solche, die es werden wollen.

Wer es nahezu unbeschwert-locker möchte, ist mit "Taking off", der ersten Single-Auskopplung "The end of the world" und ganz bestimmt auch mit "Before three" bestens bedient. Da bemüht man gerne mal die Endlosschleife im CD-Spieler.

"You don't want me anywhere near you"

Bei "Us or them" finden die Punkrock-Wurzeln der Briten mit den brummenden Bass-Elementen des Nu Metal zusammen und Zeilen wie: "The doleful cant of a bigot/ Blinded by fear and hate/ You live in knowledge of real truth?/ Oh the biggest lie I heard/ How sick in your mind and your soul/ To be scared of my voice and my words/ Oh you don't want me anywhere near you".

Dass Smith mit seinen 45 Jahren noch immer an der Welt leidet und ein Meister der Melancholie ist, belegen Songs wie "Anniversary" oder "Never". Und wenn das Zusammenrotten der Bandmitglieder bei Kerzenlicht eine so schöne wie unheilvolle Ballade wie "Going nowhere" hervorbringt, dann soll Smith seine Solokarriere ruhig noch weiter vor sich herschieben.

The Cure, "The Cure" (Geffen/Universal), ab 28.6.2004 im Laden. Tracks: 1. Lost, 2. Labyrinth, 3. Before three, 4. The end of the world, 5. Anniversary, 6. Us or them, 7. alt.end, 8. (I don't know what's going) On..., 9. Taking off, 10. Never, 11. The promise, 12. Going nowhere.

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