Zeugnis fürs Praktikum:Eigenlob erwünscht

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Viele Praktikanten müssen ihr Zeugnis selbst schreiben. Wie das geht.

"Ein Zeugnis? Na, schreiben Sie mal!" Worauf Praktikanten achten müssen, wenn sie ihr Zeugnis selbst schreiben, erklärt Hobsons-Personalerin Katrin Czerwinski.

Zeugnis der Superlative: Wer immer sehr gut war, hat auf jeden Fall "stets zur vollsten Zufriedenheit" gearbeitet. (Foto: Foto: sueddeutsche.de)

SZ: Warum müssen Praktikanten ihr Zeugnis so oft selbst schreiben? Nehmen die Firmen die Beurteilung ihrer Nachwuchskräfte nicht ernst?

Katrin Czerwinski: Offenbar. Immer mehr Firmen beschäftigen immer mehr Praktikanten. Manche Arbeitgeber finden da wohl nicht die Zeit, ordentliche Zeugnisse auszustellen, und bitten dann einfach den Nachwuchs, das zu übernehmen. Um so wichtiger, dass man weiß, wo es langgeht. Sei es, weil man aufgefordert ist, selbst Hand anzulegen, oder weil man den Text vom Personalbüro auf Fallstricke hin prüfen will.

SZ: Hat ein Praktikant überhaupt ein Recht auf ein Zeugnis, oder muss er sich mit einer Bescheinigung zufrieden geben?

Czerwinski: Ein Praktikant hat wie jeder Beschäftigte Anspruch auf ein Zeugnis. Minimum ist ein so genanntes einfaches Zeugnis, das die Art und Dauer sowie die Aufgaben und erworbenen Fertigkeiten beschreibt. Abgesehen von Zeugnissen für Studenten, die ein Pflichtpraktikum machen, sind mittlerweile überall qualifizierte Zeugnisse üblich, die nicht nur die Aufgaben darstellen, sondern auch die Leistung und Führung bewerten.

SZ: Worauf muss man bei einem qualifizierten Zeugnis achten?

Czerwinski: Der formale Aufbau ist immer gleich. Zunächst wird die Person benannt und die Dauer ihrer Beschäftigung. Im zweiten Absatz stellt sich das Unternehmen kurz vor. Danach werden die Aufgaben des Praktikanten im einzelnen aufgeführt.

Ein Tipp: Jeder sollte von Beginn seines Praktikums an wöchentlich genau protokollieren, was er getan hat. Das hilft später bei der Auflistung - auch dem Personalbüro. Wichtig ist, dass die Tätigkeiten nicht im firmeneigenen Fachchinesisch beschrieben werden. Das Ganze sollte auch für Außenstehende transparent formuliert sein.

SZ: Und dann kommt das Wesentliche: die Beurteilung.

Czerwinski: Genau. Jeder, der ein Zeugnis verfasst, sollte heutzutage wissen, dass es Bewertungs-Codes gibt. Wenn jemand seine Arbeit "stets zur vollsten Zufriedenheit" erledigt hat, heißt das: Note Eins. Die Abstufungen bis hinunter zur Fünf kann man standardisierten Notenskalen entnehmen. Im Internet ganz leicht zu finden unter www.arbeitsrecht.de.

SZ: Reichen ein bis zwei Sätze für die Beurteilung?

Czerwinski: Ein bisschen mehr soll es schon sein. Hat sich der Praktikant flexibel gezeigt? War er pünktlich, lernbereit, hat er eigenes Wissen eingebracht?

SZ: Und da müssen dann auch Superlative her, um eine Eins zu erreichen?

Czerwinski: Ja. Ein rundum sehr guter Praktikant hat nicht nur stets zur vollsten Zufriedenheit gearbeitet, sondern sich auch sehr schnell in seine Aufgaben hineingefunden und sich außerdem stets vorbildlich verhalten.

SZ: Und wenn es nicht so toll ausfällt: Was braucht man sich nicht gefallen lassen?

Czerwinski: Ein Arbeitszeugnis muss grundsätzlich wohlwollend sein. Dazu gehört auch, dass nicht plötzlich etwas kritisch gewürdigt wird, was vorher nie zur Sprache gekommen ist.

SZ: Wer unterschreibt das Zeugnis?

Czerwinski: In der Regel die Personalabteilung. Bei einer kleineren Firma die Fachabteilung zusammen mit der Geschäftsführung - in jedem Fall handschriftlich!

(SZ vom 21.10.2006)

© Interview: Jutta Göricke - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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