Volkshochschulen:"Wenn das kommt, sind wir am Ende"

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Der Staat will die Zuschüsse kürzen, die Kommunen sparen: Die Volkshochschulen ringen ums Überleben.

Christine Burtscheidt

In Bayern fürchten die Volkshochschulen um ihre Existenz. Grund sind die Sparpläne der Staatsregierung bei der Erwachsenenbildung. Der Zuschuss soll im nächsten Jahr um 50 Prozent gesenkt werden. "Das gefährdet die Einrichtungen in ihrem Bestand", warnt der Volkshochschulverband. SPD und Grüne sprechen von einem "Kahlschlag". Widerstand regt sich auch schon in der CSU.

Kultusminister Siegfried Schneider steckt in der Bredouille. Jedes Ministerium soll im nächsten Jahr seinen Spar-Beitrag leisten. Beim Personal kann der Minister angesichts des akuten Lehrermangels jedoch nichts kürzen. Deshalb soll er nun die Zuschüsse für die Erwachsenenbildung opfern. Schon 2004 wurden sie um drei Millionen Euro verringert. Zurzeit sind es jährlich 16 Millionen Euro, die Initiativen des Bauernverbandes, der Kirche und vor allem den bayerischen Volkshochschulen zufließen. Acht Millionen Euro teilen sich die 200 Einrichtungen. Im nächsten Jahr sollen es nur mehr vier Millionen Euro sein. Bis Juni wird gezahlt, dann fällt der Zuschuss weg. Möglicherweise für immer.

Dabei ist die öffentliche Förderung der Erwachsenenbildung sogar in der Verfassung verankert. Die Pläne des Kabinetts muss die CSU-Fraktion auf ihrer Tagung in Kreuth Anfang Januar noch absegnen. Dort regt sich Widerstand: "Das muss nochmals auf den Prüfstand", sagt der bildungspolitische Sprecher der Fraktion, Gerhard Waschler. Schärfere Worte findet der Würzburger Abgeordnete Walter Eykmann: "Das ist für mich der Casus Belli." Man müsse den Ministerpräsidenten vor weiteren Fehlern bewahren.

Im bayerischen Volkshochschulverband herrscht derweil Fassungslosigkeit: "Diese Meldungen sind unglaublich!", sagt der Verbandschef und Vorsitzende des Landesbeirats für Erwachsenenbildung, Karl-Heinz Eisfeld. Sie würden alle bisherigen Bekenntnisse zum lebenslangen Lernen Lügen strafen. Auch wirft er der CSU-Regierung schlechten Stil vor: Noch vor einer Woche sei man mit dem Kultusministerium zusammengesessen. Keine Wort sei dazu gefallen. Am Dienstag sickerten die Pläne bei der Kabinettsklausur am Tegernsee durch. Bereits am Mittwoch lud der Volkshochschulverband zur Krisensitzung.

"Wir müssen Widerstand leisten", sagt Eisfeld. Arbeitsplätze von 40.000 Mitarbeitern seien in Gefahr. Protest meldet auch die katholische Landesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung an.

Das Problem der Volkshochschulen ist, dass sich ihre Finanzierung aus einem Mix von staatlichen, städtischen Mitteln sowie den Gebühren der Teilnehmer zusammensetzt. Bricht ein Geldgeber weg, ist die Einrichtung in Gefahr. "Wir können den Zuschuss des Staates nicht übernehmen", kündigt bereits Städtetagschef Hans Schaidinger an und spricht "von einer Entsolidarisierung auf staatlicher Seite".

Welche Folgen der geplante Sparkurs der Staatsregierung haben wird, teilte gestern der Leiter der Würzburger Volkshochschule mit: "Dann kann ich nur noch Insolvenz anmelden", sagt Hans-Georg Mennig. Bereits in den vergangenen Jahren ist sein Etat zurückgefahren worden. Erst stieg der Landkreistag aus der Finanzierung aus, dann folgten Kürzungsrunden der Kommune und des Staates. "Wir können nicht weiter sparen", sagt er. Bei 2,6 Millionen Euro liegt nun sein Haushalt für jährlich 45.000 Kursstunden. Lediglich vier Pädagogen und 3,5 Verwaltungskräfte sind fest angestellt. Wird sein Zuschuss 2006 von 101.000 Euro auf 50.000 reduziert, muss er zwei Leute entlassen. Parallel dazu hat die Stadt Kürzungen um 15.000 Euro angekündigt. "Wenn das kommt, sind wir am Ende", sagt Mennig.

Eine weitere Gebührenerhöhung traut er sich nicht mehr zu. Schon jetzt nimmt er mehr als 50 Prozent des Etats über die Teilnehmer ein. "Dann kann ich den sozialen Auftrag nicht mehr erfüllen", sagt er. SPD und Grüne im Landtag bangen um wichtige Angebote gerade für bildungsferne Schichten wie Migranten

© SZ vom 23.12.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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