SZ-Management:Wo das Engagement verglüht

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Schlechtes Management hält Arbeitnehmer davon ab, "ihr Bestes zu geben".

Dagmar Deckstein

(SZ vom 1.10.2001) Anknüpfend an die Managementkolumne des letzten Montags wäre festzuhalten, dass traumatisierende Erlebnisse wie das Terror-Desaster von New York neben den materiellen auch immense immaterielle Schäden hinterlassen: Die Menschen sind abgelenkt durch ganz andere Ängste und Sorgen, als sie ihnen ihr bisher gewohnter Arbeitsalltag beschert hatte. Sie finden sich nur mühsam in die Normalität der täglichen Abläufe hinein und können noch lange nicht mit ganzer Kraft kreativ sein. Es gibt aber noch andere Einflüsse, die Menschen davon abhalten, "ihr Bestes" zu geben.

Schlechtes Management reicht vollkommen aus, um allein in Deutschland Schäden zu verursachen, die so hoch sind wie der Bundeshaushalt, der in der letzten Woche im Bundestag verhandelt wurde. Ebenfalls in der letzten Woche machte eine Studie der Gallup Organisation von sich reden, nach der in Deutschland jährlich bis zu 443 Milliarden DM verschleudert werden - weil gerade mal 16 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland ihre Arbeit am Arbeitsplatz engagiert erledigten.

Kein Einfühlungsvermögen

Die Gallup-Experten, die in den letzten 25 Jahren die weltweit größte Studie über die sogenannten "weichen Faktoren" angelegt und ausgewertet haben, fanden heraus, wie hart diese Faktoren für ein Unternehmen tatsächlich zu Buche schlagen.

Es bedurfte keines äußeren, erschütternden Ereignisses, um die Gallup-Teams herausfinden zu lassen, dass es in Deutschland nicht allzu weit her ist mit einfühlsamer Managementkompetenz am Arbeitsplatz. Die Ziffern, mit denen sie das jährliche, gesamtwirtschaftliche Minusgeschäft belegen, sind bestürzend: 84 Prozent der Arbeitnehmer verspürten keine echte Verpflichtung ihrer Arbeit gegenüber, 15 Prozent dieser überwältigenden Mehrheit der Beschäftigten erwiesen sich gar als "aktiv unengagiert", das heißt sie "sind verstimmt und zeigen ihre negative Einstellung zu ihrer Arbeit und ihren Arbeitgebern oftmals auf aggressive Weise", heißt es in der Studie.

Dienst nach Vorschrift, innere Kündigung gehören zum Formenkreis solcher Sabotageprogramme. Apropos USA: Den 16 Prozent loyaler und produktiver Arbeitnehmer in Deutschland stünden 30 Prozent dieses Typs jenseits des Atlantiks gegenüber, worin die Gallup-Experten einen starken Wettbewerbsvorteil der USA gegenüber Deutschland erkennen.

Kein Interesse

Solche Aufsehen erregenden Zahlen vermögen jene Mitarbeiterbeschwerden in Millionen Belegschaften hier zu Lande mit einem wissenschaftlichen Korsett zu umgeben, wonach immer die Gleichen immer dasselbe Gefühl artikulieren: Warum bleibt eigentlich immer die ganze Arbeit an denen hängen, die sich ohnehin nicht über einschlägigen Mangel beschweren können? So läuft dann auch das wohlfeile Lamento der Gewerkschaften ziemlich ins Leere, die sich im Namen der Drückeberger seit Jahren darüber beschweren, die Betriebe schickten sich an, nur noch "olympiareife" Belegschaften heranzuzüchten. Wenn sie es denn mal täten!

Die Gallup-Forscher benennen die Quelle der Verschwendung möglichen Mehrwerts so: "Der wichtigste Grund für das fehlende Engagement derart vieler Mitarbeiter ist schlechtes Management. Arbeitnehmer sagen aus, dass sie nicht wissen, was von ihnen erwartet wird, dass ihre Vorgesetzten sich nicht für sie als Menschen interessieren, dass sie eine Position ausfüllen, die ihnen nicht liegt, und dass ihre Meinungen und Ansichten kaum Gewicht haben."

Da nun wieder wäre auf eines der besten Managementbücher dieses Jahres hinzuweisen, das ebenfalls aus dieser über Jahrzehnte angelegten Gallup-Studie hervorging und das im März unter dem Titel "Erfolgreich Führen gegen alle Regeln" erschien.

Als Instant-Instant-Kondensat dieser weltweiten Untersuchung der Frage, was einen Wohlfühl-Arbeitsplatz von einem eher qualvollen unterscheidet, stand die Erkenntnis: Der unmittelbare Vorgesetzte, der so großes Einfühlungsvermögen besitzt, dass er nicht meint, ständig die "Schwächen" der Mitarbeiter bekämpfen zu müssen, sondern dass er ihre Stärken zu erkennen und sie mit dem Mitarbeiter zusammen weiterzuentwickeln vermag. Kurz: Der Mensch steht jetzt wirklich im Mittelpunkt - wohin auch immer man schaut.

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