Studium in der Wirtschaftskrise:"VWL ist wieder beliebt"

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"Es war leicht sie zu motivieren": Die Hamburger Wirtschaftswissenschaftlerin Irene Rath spricht über Studenten in Zeiten der Wirtschaftskrise und den Wettbewerb Generation D.

Elisabeth Dostert

Irene Rath ist Wirtschaftswissenschaftlerin und Lehrbeauftragte im Fachbereich Sozialökonomie der Universität Hamburg. Von ihren Studenten beteiligten sich 2008 vier Teams an Generation-D, so viele wie von keinem anderen Partnerlehrstuhl. Der Wettbewerb, der in diesem Jahr zum zweiten Mal ausgeschrieben wird, sucht Studentinnen und Studenten, deren Projekte und Initiativen sich den Problemen unserer Zeit widmen, realisierbar sind und so zum Wandel beitragen. Die besten Ideen werden im Herbst in Berlin prämiert.

Irene Rath ist Wirtschaftswissenschaftlerin und Lehrbeauftragte im Fachbereich Sozialökonomie der Universität Hamburg. (Foto: Foto: oh)

SZ: Viele Menschen in Fabriken und Büros fürchten wegen der Finanzkrise um Ihren Job. Machen sich auch an der Universität Zukunftsängste breit?

Irene Rath: Schon. In den vergangenen Jahren waren die Studenten in der glücklichen Situation, dass sie nach der Uni meist sofort einen Job gefunden haben. Momentan sind sie wegen des Studiums zwar noch in einer geschützten Situation, aber was danach kommt ist unklar.

SZ: Ist die Finanzkrise ein Thema in Vorlesungen und Seminaren?

Rath: Ja. VWL ist wieder höchst beliebt. Die Studenten wollen wissen, was es denn nun bedeutet, wenn der amerikanische Präsident Barack Obama die Geldpresse anwirft. Und über die Wirkungen solcher Eingriffe, ob sie gut oder schlecht sind, ist bei den Klassikern der Ökonomie viel nachzulesen. Die Studenten wollen verstehen, was da gerade läuft in Politik und Weltwirtschaft.

SZ: Was ist die häufigste Frage?

Rath: Was sind die Ursachen der Finanzkrise? Wie können wir sie lösen?

SZ: Was glauben Sie und Ihre Kollegen, wie lange die Krise dauern wird?

Rath: Die Pessimisten rechnen mit einer länger andauernden Krise. Die Optimisten sagen, das geht dieses Jahr schon wieder vorbei.

SZ: Es muss auch Optimisten geben!

Rath: Ja! Es wäre ganz schlimm, wenn wir alle Hoffnung verlören.

SZ: Aber die Leichtigkeit des Studiums mit der sicheren Aussicht auf einen Job, ist erst einmal vorbei?

Rath: Nein. Die Jugend ist immer hoffnungsfroh. Und das soll sie auch sein.

SZ: Ist es heute schwerer, Studenten für Projekte zu begeistern, die nicht unbedingt in Punkten und Noten münden?

Rath: Nein, eher umgekehrt. Durch die Krise sind die Studenten sehr motiviert. Das ist doch die Generation, die etwas verändern wird und das wird sie auch.

SZ: Wofür interessieren sich die Studenten besonders?

Rath: Umwelt ist ein großes Thema, Bevölkerungsentwicklung, demografischer Wandel, über solche Themen werden gerne Hausarbeiten geschrieben.

SZ: Dafür gibt es aber Punkte!

Rath: Ja, aber man kann ja ein einfacheres Thema wählen, wie zum Beispiel ein Motivationsthema, also wie sich Menschen zu etwas bewegen lassen. Und für den Wettbewerb Generation-D reicht die Hausarbeit allein ja nicht aus. Da kam noch einmal viel oben drauf und das haben die Studenten gerne gemacht.

SZ: Aus Ihrem Studentenkreis kamen vier Teams, so viele wie von keinem anderen Partnerlehrstuhl. Wie haben Sie Ihre Studenten zur Teilnahme bewegt?

Rath: Das war nicht schwer. Sie waren im ersten Semester. Die beginnen ihr Studium mit großen Hoffnungen und voller Zuversicht. Für Projekte, mit denen man das Leben verändern kann, lassen sie sich leicht motivieren. Warum sollte am nicht anpacken? Wir haben es allerdings nicht unter die Finalisten geschafft. Ich fand es toll, dass sie mitgemacht haben.

SZ: Machen Sie wieder mit?

Rath: Das weiß ich noch nicht. Ich gebe dieses Jahr einen anderen Kurs, Grundkurs VWL, der endet mit einer Klausur. Letztes Jahr hatte ich einen fächerübergreifenden Grundkurs. Am Ende mussten die Studenten eine Hausarbeit schreiben und eine Präsentation erstellen, auf deren Basis wurde der Beitrag für den Wettbewerb ausgearbeitet.

SZ: Die sogenannten Eliten stehen als Mitverantwortliche der Krise in der Kritik. An den Hochschulen werden die künftigen Manager ausgebildet. Wäre es nicht an der Zeit, über nachhaltige, werteorientierte Lehrinhalte nachzudenken?

Rath: Ethik, Unternehmenskultur, Nachhaltigkeit, Soziologie sind schon immer neben VWL, BWL und Recht Teil des Grundstudiums. Unsere Studenten wissen sehr gut, wie das Miteinander funktioniert und wir hoffen auch, dass sie dieses in der Praxis anwenden.

© SZ vom 16.04.2009/af - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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