Studienwahl:Bitte zum Test

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Wer Psychologie studieren will, wird an der FU Berlin künftig zum Test gebeten: Hat der Kandidat überhaupt das Zeug fürs Studium?

Nicola Holzapfel

"Was sind Enzyme?", "Lesen Sie diesen englischen Text: Worum geht es?", "Erschließen Sie aus folgenden fünf Behauptungen, welche Werte sich für A, B, C und D ergeben müssen". Diese drei Aufgaben sind einem neuen Test entnommen, der die Studierfähigkeit von Bewerbern fürs Psychologie-Studium messen soll. Schon vom Wintersemester an wird die FU Berlin den Test bei der Auswahl ihrer Studienanfänger für einen neuen Bachelor-Studiengang einsetzen.

Die Abbildung entstammt dem Test-Modul "Schlussfolgerndes Denken." Mehr Aufgaben siehe Link. (Foto: N/A)

Knapp 100 Plätze hat die Uni zu vergeben, erwartet wird das Zehnfache an Bewerbungen. Weil den Bachelor-Studenten noch mehr abverlangt wird als im Diplom-Studiengang, sei die Auswahl der Bewerber besonders wichtig, sagt Stefan Petri vom Studienbüro Psychologie der FU Berlin. Das Studium ist nur auf drei Jahre angelegt und mit den Prüfungen geht es schon im ersten Semester los.

Olaf Köller und Oliver Wilhelm von der HU Berlin haben den Test entwickelt, im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. Zwar seien schon Schulnoten aussagefähig, doch in Kombination mit einem Test könne man Studienleistungen noch besser voraussagen, sagt Oliver Wilhelm. Dafür haben die Wissenschaftler gemeinsam mit Studierenden und Professoren erst mal die Anforderungen zusammengetragen: Was ist wichtig fürs Psychologie-Studium?

Das Ergebnis: kognitive Fähigkeiten, fachspezifisches Wissen und Psychologie-Verständnis. "Um wissenschaftliche Zusammenhänge zu begreifen, muss man logisch denken können", sagt Wilhelm. Der erste Teil des Tests misst nun allein das schlussfolgernde Denken. An Wissen wird vor allem Wahrscheinlichkeitstheorie, Statistik und Neurobiologie abgefragt. Außerdem müssen die Bewerber zeigen, wie gut sie englische Texte verstehen. Auch das Psychologie-Verständnis wird abgeklopft: Die Teilnehmer müssen Fragen zu Fachtexten beantworten. Ein Studium muss dafür aber noch niemand absolviert haben: Wilhelm betont, dass die Fragen schulnah gestellt werden.

Mit dem ganzen Test sind die Bewerber vier bis fünf Stunden beschäftigt. Doch abschreckend empfinden Studierende das Verfahren offenbar nicht. Stefan Petri von der FU Berlin hat eher den Eindruck, dass der Test positiv aufgenommen wird. "Viele sehen das als Chance. Mit dem Test können sie unter Beweis stellen, dass sie zum Beispiel schon wichtige Kenntnisse fürs Psychologie-Studium haben".

Bislang war allein die Abiturnote ausschlaggebend. Weil es für das Psychologie-Studium weit mehr Bewerber als Studienplätze gibt, regelt die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen die Zulassung. Es zählen: Schulnote und wie lange ein Bewerber schon auf einen Studienplatz wartet. Doch nicht nur die FU Berlin will die Eignung ihrer Bewerber besser prüfen. Auch andere Hochschulen interessieren sich für den Test. Machen alle mit, könnte das Verfahren künftig bundesweit angeboten werden. Das hätte für Studienbewerber den Vorteil, dass sie für den Test nicht mehr extra an den Studienort ihrer Wahl fahren müssen. Außerdem wäre ihr Ergebnis an allen Unis gültig. Auch für die Hochschulen könnte das Zulassungsverfahren so einfacher werden.

Leistungstests sind aber nicht nur für angehende Psychologen sondern auch für andere Fachrichtungen denkbar. Oliver Wilhelm schüttelt den Kopf darüber, dass vielerorts auf persönliche Interviews gesetzt wird, um Studierende auszuwählen. "Bei Interviews wird die tatsächliche Befähigung eines Bewerbers nur sehr unzureichend erfasst". Dass durch solche Zulassungsprozeduren geeigneten Bewerbern Studienplätze verweigert werden, hält er für "völlig inakzeptabel".

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