Studiengebühren:Warnung vor Schnellschüssen

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Das Centrum für Hochschulforschung plädiert seit 1998 für Gebühren. Aber jetzt geht es der Stiftung zu schnell: Die Beiträge müssen sozial verträglich sein. Dieser Aspekt fehle jedoch in der derzeitigen Debatte.

Von Jeanne Rubner

München - Vor Schnellschüssen bei der Einführung von Studiengebühren hat das Gütersloher Centrum für Hochschulforschung (CHE) gewarnt. Die Politik sei in der Pflicht, Gebühren sozial verträglich zu gestalten, dieser Aspekt fehle jedoch in der derzeitigen Debatte, sagte Frank Ziegele vom CHE.

Das von der Bertelsmann Stiftung finanzierte Zentrum hatte bereits 1998 für Gebühren plädiert und ein Finanzierungsmodell vorgelegt. Dieses sieht vor, dass Gebühren über günstige Darlehen finanziert werden, die erst nach Abschluss des Studiums einkommensabhängig zurückgezahlt werden müssen. Ein solches Modell praktizieren Privatunis wie Witten/Herdecke.

Ziegele widersprach Befürchtungen von Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD), wonach Gebühren vom Studium abschrecken. Selbst in Österreich, wo Studienbeiträge praktisch ohne Darlehensmodelle eingeführt worden seien, sei die Zahl der Studienanfänger nur kurzfristig zurückgegangen.

Bulmahn wandte sich dagegen, über Darlehensmodelle zu diskutieren, bevor die Karlsruher Richter ihr Urteil verkündet haben. Dies ist für Herbst vorgesehen. Einige grüne Politiker hatten dagegen vom Bund gefordert, möglichst bald ein sozial verträgliches Konzept für die Einführung von Gebühren zu entwickeln.

Unionsländer hatten angekündigt, Gebühren zu erheben, falls das Bundesverfassungsgericht das vom Bund vorgeschriebene Verbot aufhebt. Allerdings wollen außer Hamburg alle Unionsländer das Urteil abwarten. Berichterstatter für das Verfahren ist der Richter Michael Gerhardt.

Er und zwei Kolleginnen hatten unlängst bei der Entscheidung über die Juniorprofessur ein Minderheitenvotum abgegeben, das die Auslegung der Bundeskompetenzen als zu eng kritisiert. Daher ist nicht unwahrscheinlich, dass die Verfassungsrichter bei Studiengebühren anders als bei der Juniorprofessur argumentieren.

Hessen, Sachsen und das Saarland planen vorerst keine Gebühren, ebenso die SPD-regierten Länder. Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) warnte deshalb vor Wettbewerbsverzerrung. Die Sprecherin der Kultusminister der Unionsländer, Annette Schavan (CDU), sagte dagegen, unterschiedliche Regelungen seien Ausdruck des föderalen Wettbewerbs. Die HRK fordert seit langem Studiengebühren, ebenso Wirtschaftsverbände, die darin eine Möglichkeit sehen, das Studium effizienter zu gestalten.

© SZ vom 4.8.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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