Studiengebühren:Auf der Suche nach frischem Geld

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Stiftungen überlegen, wie sie begabte Studenten unterstützen können.

Von Sebastian Fischer

Wenn im nächsten Jahr die ersten Bundesländer Studiengebühren einführen, müssen die großen Stipendiengeber der Republik umdenken: Bisher finanzieren sie bedürftigen Studenten den Lebensunterhalt mit bis zu 525 Euro pro Monat. Hinzu kommen 80 Euro Büchergeld. Jeder fünfte Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes etwa ist auf den Höchstbetrag angewiesen.

Sollen aus diesen Mitteln in Zukunft Studiengebühren abgegolten werden? Nein, sagen die elf großen Begabtenförderungswerke Deutschlands, zu denen neben der Studienstiftung vor allem die politischen und konfessionellen Förderer gehören. Ihr Verband, die "Arbeitsgemeinschaft Begabtenförderungswerke", hat einen Brief an die Kultusminister der Länder entworfen, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Darin bitten die Stifter, "alle hochbegabten Stipendiatinnen und Stipendiaten der Begabtenförderungswerke auf Grund entsprechender Studienleistung prinzipiell von den eventuell erhobenen Studiengebühren zu befreien". Außerdem soll den Stipendiaten "für ein begründetes Doppel- oder Zweitstudium eine generelle Gebührenbefreiung gewährt" werden.

Hochbegabte verfolgten nämlich oftmals "aufgrund ihrer umfassenden Interessen eine unkonventionelle Studienplanung".

Hans-Peter Niedermeier von der Hanns-Seidel-Stiftung ist sich seines Anliegens sicher: "Es kann ja nicht sein, dass einerseits von Elite-Hochschulen gesprochen wird, man aber andererseits die Elite bei den Gebühren nicht entlastet."

Daneben sei die soziale Abfederung für die sozial Schwachen "genauso wichtig".

Auch Gerhard Teufel, Generalsekretär der Studienstiftung, vertraut darauf, dass sozial schwache sowie besonders leistungsstarke Studenten von Gebühren befreit werden: "Das gibt Leistungsanreize und könnte einen Wettbewerb der Universitäten um die besten Köpfe auslösen".

Für Ralf Fücks von der Heinrich-Böll-Stiftung dagegen ist der Bittbrief nur eine "Notlösung". Es müsse aus "Fürsorgepflicht für unsere Stipendiaten" gehandelt werden. Fücks ist sich dennoch sicher, dass die Gebührenfrage noch offen ist: "Das wird auch noch ein zweites und drittes Mal diskutiert." Deshalb gebe er das Konzept der Böll-Stiftung nicht verloren: Öffentlich finanzierte Studiengutscheine, Umstellung des BAföG auf ein elternunabhängiges Studentensalär.

Selbst wenn die Begabten von Gebühren verschont werden, das Problem mangelnder Stipendien ist damit nicht gelöst: Nur zwei Prozent der Studierenden erhalten eine solche Unterstützung. Auch deshalb hofft Hans-Jürgen Brackmann, Generalsekretär der Stiftung der Deutschen Wirtschaft (sdw), auf ein stärkeres Engagement der Unternehmer: "Bisher ist noch keiner auf uns zugekommen, aber wir rechnen damit." Die sdw stehe bereit, eine Stipendienvergabe für interessierte Unternehmen zu koordinieren. Für Christoph Schlüter vom Bundesverband der Deutschen Industrie ist denkbar, dass die Unternehmer Gebühren übernehmen, um Studenten an die Firmen zu binden und später von ihrem Können zu profitieren.

In Österreich wird das schon praktiziert. Dort müssen Studenten seit zwei Jahren 365 Euro pro Semester zahlen, und die Universitäten entwickeln zusammen mit Unternehmen eigene Stipendiensysteme. Die Ingenieur-Hochschule in Leoben verteilt derzeit pro Semester über 900 "Praxisschecks" an begabte Studenten.

Die Schecks werden von Unternehmen und sogar Einzelpersonen finanziert. Sie decken die Gebühren, die Studenten absolvieren im Gegenzug Praktika. Eine zentrale Koordinierung durch den Arbeitgeberverband gibt es nicht: "Die Kreativität bei der Sponsorensuche muss von der Universität ausgehen, sie muss die Mittel anwerben", sagt Klaus Schedler von der österreichischen Wirtschaftskammer.

Die deutsche Hochschullandschaft könnte sich ähnlich entwickeln: "Unternehmen fördern nicht pauschal und institutionell. Sie suchen sich Universitäten und Studenten selbst heraus", sagt Volker Meyer-Guckel vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Das werde "natürlich nicht altruistisch ablaufen": Die Unternehmen könnten wie in Österreich von Praktikanten profitieren, sie könnten die geförderten Studenten dazu verpfichten, an regelmäßigen Treffen teilzunehmen oder nach dem Examen für ein Jahr im Unternehmen zu bleiben. Meyer-Guckel ist überzeugt: "Viele Unternehmen wissen schon jetzt genau, mit welchen Universitäten sie zusammenarbeiten wollen."

© SZ vom 7.2.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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