Studie:Entlassungen sind unwirtschaftlich

Lesezeit: 2 min

Kündigungen führen zu Know-How-Verlusten und schwächen die Innovationskraft der Unternehmen.

Rudolf Bögel

(SZ vom 18.10.2001) Wenn es um die Umschreibung und Verschleierung von unangenehmen Tatsachen geht, erweisen sich Wirtschaftsvertreter gelegentlich als wahre Sprachpioniere. Da werden "Arbeitskräfte frei gesetzt", da werden "im Zuge von Restrukturierungsmaßnahmen Stellen nicht mehr besetzt" und jetzt greift man wieder einmal auf das Englische zurück, um die Wahrheit "sozialverträglich" zu verkünden. Aber auch beim derzeit so beliebten Ausdruck "Downsizing" handelt es sich um nichts anderes als um die Streichung von Arbeitsplätzen, um die Entlassung von Mitarbeitern.

Dabei ist das Mittel der Massenkündigungen, um Konzerne und Bilanzen zu konsolidieren, erst in der jüngsten Zeit schwer in die Kritik geraten. Unternehmensberater wie Bain & Company und jetzt auch die Münchner Masai Deutschland GmbH stellen fest: Entlassungen schaden den Firmen mehr als sie ihnen nutzen.

Teure Abfindungen

Letztere, ein Tochterunternehmen der französischen Holding Masai SA, will diese Theorie mit einer Modellrechnung stützen. Zunächst die nackten Zahlen, die auf wissenschaftlichen Studien, unter anderen von Winfried Hamel, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Düsseldorf, stammen: Allein bei den Abfindungen werden große Summen fällig. Pro Mitarbeiter, der ein Jahresbruttogehalt von 62.500 Mark hatte und der zehn Jahre bei einem Betrieb beschäftigt war, rechnet man mit 25.000 Mark.

Richtig teuer wird es erst bei Führungskräften. Schätzungen zufolge sind die Abstandszahlungen so hoch, dass sich eine Entlassung erst nach frühestens 18 Monaten rechnet.

Dazu komme, so Winfried Hamel, dass bei Wiederbesetzung der Stelle neue Kosten in Höhe von einem halben bis zu eineinhalb Jahresgehältern einkalkuliert werden müssten.

Problem Altersstruktur

Neben den harten Zahlen gibt es jedoch noch weitere Fakten, die nach Meinung von Masai Entlassungen in schlechtem Licht erscheinen lassen. Stellenabbau führe zu Know-How- und Vertrauensverlusten, zu geringerer Innovationskraft und verminderter Produktivität. Ebenfalls ein Problem sei die Alterstruktur, die sich nach derartigen Restrukturierungsmaßnahmen ergäbe. "Die Erfahrung zeigt", so Masai, "dass zuerst die produktivsten Mitarbeiter gehen."

Die Unternehmensberater räumen zwar generell ein, dass Stellenabbau und Lohnverzichtsmaßnahmen kurzfristig zu Kostensenkungen führen, halten aber Langzeitstudien dagegen, die zu ganz gegenteiligen Ergebnissen kommen. So hat zum Beispiel die Consulting-Gesellschaft Bain & Company in einer Studie eruiert, dass Firmen, die während der zurückliegenden großen Rezession 15 Prozent und mehr Stellen gestrichen haben, noch Jahre danach an der Börse schlechter abgeschnitten haben als der Durchschnitt aller anderen Unternehmen.

Gewinn-Einbußen

Auch die Masai Deutschland GmbH schlägt in die gleiche Kerbe. Nach ihrer Modellrechnung lägen die Gewinneinbußen drei Jahre nach einem zehnprozentigen Arbeitsplatzabbau im Durchschnitt immer noch bei drei Prozent. Bei der Streichung von 20 Prozent der Stellen ergäbe sich sogar eine Gewinn-Einbuße von sieben Prozent.

Als Alternative zu Massen-Entlassungen nennt Masai die Reduzierung der Einkaufskosten. "Schon jährliche Einsparungen von fünf Prozent führen zu einer Erhöhung der Gewinnmarge um drei Prozent", behaupten die Unternehmensberater in ihrer Modellrechnung.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: