Recht im Job: Der Arbeitsvertrag:Drum prüfe, wer sich bindet

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Kein Urlaubsgeld, dafür Überstunden inklusive? Worauf man beim Vertrag achten sollte.

Wie es sich gehört, kommt der Vertrag rechtzeitig vor Beginn des Arbeitsverhältnisses auf dem Postweg. Mustergültig erscheint die Niederschrift, die alle notwendigen Angaben zu den Vertragsparteien, der Tätigkeit und deren Bezahlung enthält.

(Foto: Foto: dpa)

Nur beim Thema Überstunden stutzt die zukünftige Anwaltsgehilfin: Dass ihr Arbeitgeber sie vertraglich verpflichtet, Überstunden zu leisten, ist in der Branche üblich, nicht aber, dass diese mit dem monatlichen Gehalt pauschal abgegolten sind.

In so einem Fall besteht dringend Gesprächsbedarf, sagt der Berliner Arbeitsrechtler Christian Willert. Ein Kompromiss wäre beispielsweise, sich auf eine bestimmte Anzahl von Überstunden zu einigen, die mit dem Gehalt abgegolten werden. Jede weitere Arbeitsstunde wird vergütet oder in Freizeit ausgeglichen.

Die Frage ist nur, wie künftige Arbeitnehmer das Thema am besten ansprechen. Schließlich will niemand den oft hart erkämpften Einstieg in die neue Firma aufs Spiel setzen. "Keine Frage, das verlangt Fingerspitzengefühl", sagt Fachanwalt Willert. Einwände dürften beim Verhandlungspartner nicht als Unflexibilität oder Mäkelei ankommen.

"Aber wer deutlich macht, dass er den Vertrag ernst nimmt und mitdenkt, kann auch Pluspunkte sammeln", erklärt Willert. Er nennt die Internetnutzung als Beispiel: "Wenn das nicht im Vertrag steht, darf ich das Internet nicht für private Zwecke nutzen." Das aber sei in der Praxis kaum durchzuhalten und sollte daher thematisiert werden. Besonders gut eignen sich Redewendungen wie: "Ich möchte von Anfang an für klare Verhältnisse sorgen und spätere Auseinandersetzungen vermeiden".

Schließlich gilt auch: Wer den Vertrag nicht gründlich liest, durchdenkt und mindestens eine Nacht darüber schläft, verschiebt die Auseinandersetzung nur nach hinten, mit gravierenderen Folgen: "Einmal unterschriebene Verträge sind einzuhalten", sagt Willert.

Gerade beim Thema Überstunden hat der Arbeitnehmer vor Gericht schlechte Karten: "Der Arbeitnehmer muss nachweisen, dass die Überstunden vom Vorgesetzten angeordnet wurden", erklärt Peter Baumann, Fachanwalt für Arbeitsrecht in München. Das widerspreche dem Büroalltag: "Man will seinen Job behalten und macht deshalb Überstunden. Das muss der Chef nicht erst anordnen."

Laut Baumann ist der Spielraum für Vertragsverhandlungen äußerst gering und in der Regel auf die Höhe des Gehaltes beschränkt. "Wer über Mehrarbeit vor dem Einstieg verhandeln will, kriegt die Stelle erst gar nicht." Es sei denn, er zählt zu den spezialisierten Fach- und Führungskräften: "Da gibt es schon Gestaltungsraum, was den Dienstwagen, die Spesen oder die variablen Bestandteile des Gehaltes betrifft", sagt Ilse Otholt-Haneberg, Geschäftsführerin der personal total Personalberatung in Hamburg.

Insgesamt stellt die Personalberaterin einen Trend zum maximal Möglichen bei den Arbeitsverträgen fest - zu Lasten der Arbeitnehmer: "Vergünstigungen wie das Urlaubsgeld sind längst gestrichen. Und gerade in der Gastronomie wird versucht, alles aus den Mitarbeitern rauszuquetschen."

Nicht immer ist das im Sinne der Arbeitnehmerschutzvorschriften. "Zu kurze Kündigungsfristen, zu wenig Urlaubstage oder die Klausel, dass eine verspätete Krankmeldung zur fristlosen Kündigung führt", nennt Rechtsanwalt Baumann häufige Fehler in Verträgen. Nicht selten gebe es schon im Vorwege Probleme: "Oft bleibt der schriftliche Vertrag ganz aus." Dabei sollte die Schriftform spätestens einen Monat nach Beginn der Tätigkeit vorliegen.

Wichtig ist daher, dass Arbeitnehmer ihre Rechte kennen und ihre Chancen bei der Verhandlung abwägen: Möchten sie länger beim neuen Arbeitgeber bleiben, dann sollten sie auf unwirksame Klauseln hinweisen, etwa wenn der Urlaubsanspruch weniger als 20 Arbeitstage beträgt.

Wer sich nicht sicher ist, ob eine Klausel rechtens ist, kann sich vom Anwalt beraten lassen. Das ist allemal billiger als die Auseinandersetzung vor Gericht, mit der Arbeitsverhältnisse immer häufiger enden: "Die Bereitschaft gegen Kündigungen zu klagen, hat sich in den letzten 25 Jahren mehr als verdoppelt", sagt Armin Höland, Rechtsprofessor der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, der zu diesem Thema gerade eine mehrjährige Untersuchung abgeschlossen hat. Doch statt sich monatelang vor Gericht über eine Kündigung zu streiten, sollten Arbeitnehmer besser vor Vertragsabschluss genügend Zeit einplanen - und prüfen, ob sie mit den Klauseln leben können.

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