Rauchverbot und Arbeitnehmerschutz:Der Tabak-Trick

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Die EU will ein Rauchverbot an jedem Arbeitsplatz in Europa - auch in Bars, Kneipen und Restaurants. Um das durchzusetzen, müssen die Kommissare tief in die Trickkiste greifen.

Silke Lode

Ein Rauchverbot an jedem Arbeitsplatz in Europa - das ist in Brüssel keine neue Idee. Schon vor zwei Jahren überlegten die EU-Kommissare, wie sie eine europaweit einheitliche Regelung durchsetzen könnten. Bisher gelten in jedem Mitgliedstaat unterschiedliche Gesetze. In manchen Staaten gibt es gar keine Regelungen, Irland oder Italien haben dagegen ein fast vollständiges Rauchverbot.

Qualmen verboten: Über den Arbeitnehmerschutz will die EU doch noch das allgemeine Rauchverbot durchsetzen - auch in Bars und Kneipen. (Foto: Foto: Photothek)

In Deutschland gibt es von Bundesland zu Bundesland andere Ausnahmen. Damit soll es jetzt vorbei sein. Die EU-Kommission hält die nationalen Regelungen nicht für ausreichend und will im kommenden Jahr eine Richtlinie vorlegen, die das Rauchen am Arbeitsplatz in ganz Europa verbietet. Auch Bars, Kneipen und Restaurants sollen nach den Vorstellungen der Kommission von der neuen Norm abgedeckt werden, sagte eine Sprecherin am Montag. "Dort wird schließlich auch gearbeitet."

Gefahren für Passivraucher

Um die Richtlinie voranzutreiben, müssen die Kommissare tief in die Trickkiste greifen, denn eigentlich liegt ein Rauchverbot nicht im Kompetenzbereich der EU. Für Gesundheitspolitik sind die Mitgliedstaaten weitgehend allein verantwortlich. Das weiß auch Gesundheitskommissarin Androulla Vassiliou, die regelmäßig vor der gesundheitsschädigenden Wirkung des Tabakkonsums und den Gefahren für Passivraucher warnt. In Kommissionskreisen heißt es, dass die Idee für das europaweite Rauchverbot von ihr stammt.

Bereits ihr Vorgänger Markos Kyprianu, den sie im April dieses Jahres in der Kommission ersetzt hat, forderte ein Rauchverbot in allen 27 Staaten. Vassiliou führt diese Idee nun geschickt weiter: Sie hat den Arbeits- und Sozialkommissar Vladimir Spidla als Verbündeten gewonnen. Offiziell soll das Verbot nicht als gesundheitspolitische Maßnahme durchgesetzt werden, sondern zum Schutz der Arbeitnehmer.

Denn dafür ist die EU zuständig. Noch seien die Überlegungen "vorläufig", sagte Spidlas Sprecherin. Ein Entwurf werde derzeit intern diskutiert, man sei mit Arbeitgebern und Gewerkschaften im Gespräch. Der Vorschlag für eine Richtlinie könne möglicherweise erst von der nächsten Kommission präsentiert werden, die im Herbst 2009 ihre Arbeit aufnimmt.

Widerstand ist programmiert

Sollte sich die Behörde mit ihrer Vorstellung auch im Europaparlament und im Ministerrat durchsetzen, dann wäre auch Deutschland gezwungen, das Rauchverbot bundesweit einheitlich zu regeln. Doch das ist unwahrscheinlich, denn Brüssel muss mit Widerstand aus den Mitgliedstaaten rechnen. Selbst wenn diese in der Sache einverstanden sein sollten, werden sie diesen Versuch einer Kompetenzausweitung der Kommission kaum hinnehmen.

Die Behörde hatte schon in der Vergangenheit Ähnliches versucht. 1998 wollte die Kommission ein Verbot von Tabakwerbung in Zeitungen durchsetzen. Hinter dem Vorstoß standen gesundheitspolitische Überlegungen, doch auch damals schützte die Kommission andere Argumente vor: Sie berief sich auf den Binnenmarkt, der durch unterschiedliche Regelungen gestört werde.

Deutschland zog vor den Europäischen Gerichtshof, die Klage war erfolgreich. Aber nicht etwa, weil der Kniff, den Brüssel anwandte, als unzulässig galt, sondern weil die Beeinträchtigung des Binnenmarkts dem Gericht nicht klar genug erschien. Ein überarbeiteter Vorschlag hatte dann vor zwei Jahren aber prompt Bestand. Dass die EU damit ihre Kompetenzen überschritt, interessierte auch damals in Brüssel niemanden.

© SZ vom 28.10.2008/heh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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