Personalentwicklung:Keine Noten, nur Hinweise

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Der Berater Wolfgang Pape erklärt, wie Persönlichkeitstests im Unternehmen eingesetzt werden.

Wolfgang Pape ist Senior Berater in der HVB-Akademie, dem Münchner Schulungszentrum der Hypovereinsbank. Wiebke Schodder fragte ihn, warum Unternehmen sich für die Psyche ihrer Mitarbeiter interessieren sollten.

SZ: Braucht die Arbeitswelt Persönlichkeitsindikatoren?

Pape: Ja, denn die Indikatoren erleichtern die Selbstbetrachtung. Sie bieten dem Teilnehmer ein Modell, auf dessen Grundlage er bestimmte Bereiche seiner Persönlichkeit zielgerichtet wie in einer Art Spiegel anschauen kann. Früher bestand der vor allem aus persönlichen Rückmeldungen und diffusen Erfahrungen. Heute kann die Arbeitswelt diese Verfahren nutzen, um Verbesserungen in der Kommunikation, in der Zusammenarbeit und in der persönlichen Entwicklung von Mitarbeitern zu erzielen.

SZ: Kann so ein Test die Persönlichkeit eines Menschen wirklich erfassen?

Pape: Den allgemein verbreiteten Begriff Persönlichkeitstest finde ich falsch. Einen Test kann ich bestehen oder nicht. Bei einem Persönlichkeitsindikator bekommt man ein Ergebnis, und das ist nicht gut oder schlecht, sondern es ist so, wie es ist. Die gesamte Persönlichkeit wird damit aber nicht erfasst, das würde ein zu starkes Definieren bedeuten: So bist du. Die Indikatoren sagen eher: Auf Grund deiner Antworten zeigen wir dir, wo du innerhalb bestimmter Persönlichkeitsfaktoren anzusiedeln wärest. Sie liefern ein Angebot an den Teilnehmer, darüber nachzudenken, wo er steht und wo es vielleicht Ansatzpunkte für Entwicklungsmöglichkeiten gibt. Statt einer Normierung geben sie Orientierung.

SZ: Dienen diese Verfahren nicht eher dazu, gegenwärtige und potenzielle Mitarbeiter einzuschätzen als ihnen eine persönliche Entwicklungshilfe zu geben?

Pape: Die Hypovereinsbank nutzt die Ergebnisse von solchen Persönlichkeitsindikatoren nicht systematisch und stellt sie in der Regel auch nicht den Führungskräften zur Verfügung - es sei denn, sie sind selbst Teil einer Trainingsgruppe, die sich mit dem Indikator beschäftigt. Gibt der Chef in der Gruppe sein Ergebnis preis, bekommt er auch Informationen von seinen Mitarbeitern. Das Ziel ist dabei aber nicht systematische Personalauswahl oder -entwicklung, sondern das bessere Kennenlernen des Teams.

SZ: Welche Indikatoren setzen Sie ein?

Pape: Wir machen keine reinen Indikatoren-Seminare, sondern nutzen sie zum Beispiel als Teil einer Teamentwicklung, einer Fortbildung oder eines Führungsprogramms. Hauptsächlich arbeiten wir dabei mit dem Myer Briggs Typen Indikator (MBTI) und dem Insights-Profil. Den MBTI nutzen wir vor allem bei Team-Entwicklungen. Wenn ich zum Beispiel mit einer Gruppe auf einer Berghütte bin, dann kann ich den MBTI vor Ort machen, ihn selber auswerten und mit den Teilnehmern daran arbeiten. Das Insights-Profil ist etwas aufwendiger in der Handhabung und auch teurer. Wir nutzen es zum einen für Einzelberatungen. Und zum anderen, um Mitarbeiter für das Anderssein von Kunden oder Kollegen zu sensibilisieren und sie erkennen zu lassen, dass Menschen aus unterschiedlichen Motiven handeln.

SZ: Wie wird sich die Bedeutung dieser Testverfahren entwickeln?

Pape: Ich glaube, dass die Indikatoren künftig eine noch stärkere Auswirkung auf Training und Qualifizierung haben werden. Wenn Unternehmen zu schätzen wissen, welchen Wert sie in der Kompetenz ihrer Mitarbeiter haben, dann wird die Persönlichkeitsentwicklung eine noch größere Rolle spielen. Dass die Indikatoren helfen können, die Persönlichkeit besser zu erkennen und sich weiterzuentwickeln, davon bin ich überzeugt.

© SZ vom 19.4.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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