Musikunterricht für Kinder:Der Mozart-Effekt

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Die Nachricht dürfte musikbegeisterte und bildungsbeflissene Eltern entzücken: Wenn Kinder früh ein Instrument erlernen, steigt ihre Chance, den Übertritt auf ein Gymnasium zu schaffen.

Felix Berth

Die Nachricht dürfte musikbegeisterte und bildungsbeflissene Eltern entzücken: Wenn Kinder früh ein Instrument erlernen, steigt ihre Chance, den Übertritt auf ein Gymnasium zu schaffen. Das zeigen Auswertungen des Soziologen Jürgen Schupp vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Dank des "Mozart-Effekts" sind bei diesen Kindern in Mathematik bessere Schulnoten zu erwarten. Auch in Deutsch fallen sie leicht positiv auf; bei der ersten Fremdsprache zeigt sich allerdings kein Effekt.

Musikunterricht fördert die Intelligenz von Kindern. Und wer früh damit beginnt, hat eine Chance auf bessere Schulleistungen. (Foto: Foto: ap)

Schupp analysierte die Antworten von mehr als 2000 sechzehnjährigen Kindern, die sich seit dem Jahr 2000 an der Längsschnittstudie "Sozio-ökonomisches Panel" beteiligt haben. Er verglich Kinder, die früh mit klassischer Musik begonnen hatten, mit anderen, die ähnlich früh einen Wettkampfsport ausübten. Das Ergebnis deutet darauf hin, dass das Modell "Klavierunterricht" besser abschneidet als das Modell "Fußballverein": Positive Effekte zeigen sich fast nur bei kleinen Musikern; die kleinen Sportler sind im Test nur auffallend gut, wenn sie Formen und Figuren zuordnen müssen. Bei anderen Merkmalen - Übertritt auf das Gymnasium, Noten, kognitive Fähigkeiten - sind aktive Fußballer nicht besser als weniger sportliche Kinder.

Klavier, Singen, Theater spielen

Schupp weiß natürlich, dass bildungsbürgerliche Eltern ihre Kinder häufiger zum Musikunterricht schicken. "Wir haben das in den Berechnungen berücksichtigt", erklärt der Soziologe. Auch wenn man das Bildungsniveau der Eltern bei statistischen Auswertungen herausrechne, bleibe ein "Mozart-Effekt", der sich auch dann einstelle, wenn die Eltern nicht Akademiker sind.

Nach Schupps Berechnungen stellt sich freilich die Frage, ob sich das Lernen eines Instruments eignet, um die Intelligenz eines Kindes zu steigern. Hier liefert ein Experiment des Psychologen Glenn Schellenberg Aufklärung. Schellenberg ließ 150 Sechsjährige acht Monate lang in vier verschiedenen Kursen unterrichten - eine Gruppe übte Klavier, eine lernte Singen, eine spielte Theater, eine tat nichts zusätzlich. Danach erreichten die kleinen Musiker im IQ-Test im Schnitt drei Punkte mehr als die anderen; ein Zuwachs, der vom Musikunterricht verursacht war.

Gutes Lern- und Lesetraining

Doch richtig groß war der Sprung eben auch nicht: Zwischen einem Intelligenzquotienten von 120 und einem von 123 ist kein dramatischer Unterschied, und möglicherweise würde ein ähnlich intensiver Unterricht in irgendeinem anderen Fach auch ähnliche IQ-Erfolge auslösen.

Wenn man die Studien von Schellenberg und Schupp zusammennimmt, lässt sich ein vorsichtiges Fazit formulieren: Ja, früher Musikunterricht hat positive Effekte. Er fördert die Intelligenz, und wer früh damit beginnt, hat eine Chance auf bessere Schulleistungen. "Trotzdem sollten sich Eltern fragen, ob sie ihr Kind allein deshalb bewegen wollen, ein Instrument zu lernen", sagt Ralph Schumacher, der an der ETHZürich lehrt und zu den besten Kennern der Materie "Mozart-Effekt" zählt. "Ich bin sicher, dass ein gutes Lern- und Lesetraining in kürzerer Zeit höhere Erfolge ermöglicht", sagt der Züricher Forscher Schumacher. Das spreche freilich nicht gegen den Musikunterricht, sondern nur gegen seine Instrumentalisierung: "Wenn ein Kind ein Musikinstrument lernen will, sollten die Eltern das unbedingt unterstützen. Wenn es nicht will, sollten sie es nicht erzwingen."

© SZ vom 20.05.2008/sam - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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