Mini-Job und Sozialversicherung:Wenn die Abzüge fehlen

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Mini-Jobber streichen bis zu 400 Euro monatlich brutto für netto ein. Doch dafür gehen sie bei Krankengeld, Pflegeversicherung und Rente so gut wie leer aus. Es sei denn, aus dem Mini- wird ein Midi-Job.

Von Rolf Winkel

"Geringfügige" Arbeitsverhältnisse mit bis zu 400 Euro im Monat sind für Arbeitnehmer in der Regel steuer- und sozialversicherungsfrei. Den Lohn kann man dann "brutto für netto" kassieren. Das macht diese Jobs beliebt. Die Kehrseite der Medaille: Mini-Jobber erwerben kaum Ansprüche bei den Sozialversicherungen. Das macht die Stellen für viele zum Risiko - vor allem bei gesundheitlichen Problemen und Schwangerschaft.

Welche Ansprüche an die Krankenversicherung erwerben Mini-Jobber?

Gar keine. Die Bundesknappschaft zieht von Arbeitgebern, die die Jobber beschäftigen, zwar elf Prozent als Beitrag zur Krankenversicherung ein. Diese Beiträge fließen jedoch in den so genannten Risikostrukturausgleich der Krankenkassen. Die Jobber erwerben hierdurch keinen Krankenversicherungsschutz.

Gibt es für Mini-Jobber Krankengeld?

Nein. Mini-Jobber haben zwar Anspruch auf die sechswöchige gesetzliche Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Das Krankengeld, das anschließend gezahlt wird, ist jedoch eine Krankenkassen-Leistung. Für sozialversicherte Arbeitnehmer zahlen die gesetzlichen Kassen im Krankheitsfall für bis zu 78 Wochen Krankengeld. Mini-Jobber gehen dabei leer aus. Betroffen davon sind auch diejenigen, die den 400-Euro-Job als Zweit-Job ausüben. Diese erhalten bei Krankheit zwar für den ersten Job Krankengeld, nicht jedoch für das geringfügige Beschäftigungsverhältnis.

Können Mini-Jobberinnen das Mutterschaftsgeld der Krankenkasse erhalten?

Nein. Nur wer ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis (mindestens also einen "Midi-Job", siehe unten) ausübt, erhält von seiner Krankenkasse ein kalendertägliches Mutterschaftsgeld von 13 Euro. Dieses wird in der so genannten Mutterschutzfrist - sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Entbindung - gewährt. Insgesamt kommen dabei mindestens 1287 Euro zusammen.

Das Mutterschaftsgeld steht Arbeitnehmerinnen jedoch nur zu, wenn sie persönlich Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung sind. Eine Familienversicherung über den Ehepartner zählt dafür nicht. Statt des Geldes von der Krankenkasse gibt es für Mini-Jobberinnen nur das niedrigere Mutterschaftsgeld vom Bundesversicherungsamt. Dieses zahlt auf Antrag einmalig 210 Euro.

Schafft ein Mini-Job Ansprüche auf Leistungen der Pflegeversicherung?

Nein. Wer allerdings unabhängig vom Mini-Job bereits Ansprüche an die Pflegeversicherung erworben hat, verliert diese nicht: Leistungen der Pflegekassen erhält, wer bei Eintritt der Pflegebedürftigkeit innerhalb der letzten zehn Jahre mindestens fünf Jahre lang Beiträge in die Pflegekasse eingezahlt hat oder über seinen Ehepartner oder seine Eltern familienversichert war.

Welche Ansprüche an die gesetzliche Rentenversicherung erwerben Mini-Jobber?

Minimale. Die Bundesknappschaft zieht von Arbeitgebern, die die Jobber beschäftigen, zwölf Prozent an Beiträgen für die Rentenversicherung ein - also bei einem vollen 400-Euro-Job 48 Euro monatlich. Diese Beiträge werden dem Rentenkonto der Betroffenen gut geschrieben. Wer einen Monat lang einen solchen Job ausübt, erhöht seine spätere Monatsrente damit lediglich um 0,22 Euro in den alten beziehungsweise 0,23 Euro in den neuen Bundesländern.

Erarbeiten sich Mini-Jobber einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung?

Nein. Mini-Jobs bringen weder eine Anwartschaft auf Reha-Leistungen noch auf Rente wegen Erwerbsminderung. Dafür muss man in den letzten fünf Jahren mindestens drei Jahre lang echte Pflichtbeiträge an die Rentenkasse gezahlt haben. Das bedeutet: Wer zuvor drei Jahre ununterbrochen sozialversichert beschäftigt war und nun nur noch einen Mini-Job ausübt, verliert nach zwei Jahren und einem Tag seinen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente.

Kann man diese Nachteile vermeiden?

Ja. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten. Die Mini-Jobber können zum einen ihrem Arbeitgeber gegenüber erklären, dass sie auf die Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung verzichten. Dann können sie die geminderten Beiträge an die Rentenkasse aufstocken (von 12 auf 19,5 Prozent). Das kostet bei einem 400-Euro-Job genau 30 Euro im Monat und sorgt dafür, dass die Beschäftigungszeit als vollwertige Versicherungszeit in der Rentenversicherung gilt.

Auch dann bringt der Mini-Job zwar nur wenig mehr an Rentenansprüchen (0,35 Euro in den alten und 0,37 Euro in den neuen Bundesländern für einen Beschäftigungsmonat).

Wichtiger ist aber: Die Zeiten, in denen Beiträge aufgestockt werden, zählen als vollwertige Beitragsmonate. So erhält man unter anderem den Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente aufrecht oder erwirbt einen Anspruch hierauf. Außerdem kann man nur dann die staatliche Förderung für die Riester-Rente erhalten. Diese gibt es nämlich nur, wenn Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenkasse eingezahlt werden.

Und die zweite Möglichkeit?

Man macht aus dem Mini-Job einen Midi-Job. Darunter versteht man die Niedriglohn-Jobs der so genannten "Gleitzone" zwischen 400,01 und 800 Euro. Bei einem Arbeitsentgelt ab 400,01 Euro monatlich besteht volle Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung. Das heißt: Nicht nur in der Renten-, sondern auch in der Kranken- und Pflegeversicherung und gegebenenfalls auch in der Arbeitslosenversicherung (siehe Kasten) sichert man sich so volle Ansprüche: Etwa auf Krankengeld, Mutterschaftsgeld und auf die volle Anerkennung der Beschäftigungszeit bei der Rentenversicherung. Der Arbeitgeber muss den vollen Beitrag zur Sozialversicherung entrichten. Für Arbeitnehmer fallen jedoch nur ermäßigte Beiträge an.

Was kostet das den Arbeitnehmer?

Bei einem monatlichen Arbeitsentgelt von 400,01 Euro werden pro Monat für den Arbeitnehmer ganze 16,60 Euro an Beiträgen für die Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung fällig. Zudem wird das Arbeitseinkommen grundsätzlich steuerpflichtig, während bei einem Mini-Job bis zu 400 Euro Arbeitnehmer meist keine Steuern zahlen müssen - jedenfalls dann nicht, wenn der Arbeitgeber die hierfür vorgesehene zweiprozentige Steuerpauschale abführt. Allerdings: Wer als einzige steuerpflichtige Einnahme einen 400,01-Euro-Job hat, für den fallen ebenfalls keine Steuern an. Das ändert sich natürlich, wenn die Betroffenen einen (gut) verdienenden Ehepartner haben. Aber auch in diesem Fall gilt: Der Jobber kann die volle steuerliche Werbungskostenpauschale in Höhe von jährlich 920 Euro beanspruchen.

© SZ vom 17.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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