Mediziner im Ausland:"Die Ausbildung ist hier besser"

Warum die deutsche Kinderärztin Melanie Menden, 33, seit zweieinhalb Jahren in einem Londoner Krankenhaus arbeitet.

SZ: Britische Klinikärzte dürfen höchstens 56 Stunden pro Woche arbeiten und verdienen doppelt so viel wie ihre deutschen Kollegen. Ein Ärzteparadies?

Melanie Menden: Na ja, ich weiß nicht, ob man es als Paradies bezeichnen kann, wenn man 56 Stunden die Woche arbeitet. Wahr ist, dass Ärzte hier besser bezahlt werden. Außerdem ist das europäische Arbeitsrecht weiter umgesetzt: Es gibt Schichtdienst in den Kliniken, also geregelte Arbeitszeiten, die maximal eine halbe Stunde am Tag überschritten werden dürfen.

SZ: Warum sind Sie ausgewandert?

Menden: Nicht aus finanziellen Gründen, sondern weil die Ausbildung hier besser ist. Ich möchte meinen Facharzt zur Kinderärztin abschließen, und das ist in England viel besser organisiert: Hat man einen Ausbildungsplatz, sind alle Stationen innerhalb von fünf Jahren gesichert. In Deutschland klappt die Rotation nicht so gut. Außerdem werden wir jungen Ärzte von unseren Chefs viel kollegialer behandelt als in Deutschland. Die älteren Kollegen hier sind unglaublich bemüht, uns etwas beizubringen.

SZ: Und die sprachlichen Hürden oder Patientenvorbehalte?

Menden: Der englische Jargon war anfangs schon ein Problem. Die Patienten aber sind sehr viel netter als in Deutschland.

SZ: Wollen Sie überhaupt noch mal zurück?

Menden: Wegen des Jobs nicht - es sei denn, ich bekäme ein überwältigendes Angebot.

Interview: Berit Schmiedendorf

© SZ vom 21.10.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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