Köhler über Bildung:"Wir haben den Status eines Entwicklungslandes"

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Bundespräsident Horst Köhler stellt dem deutschen Bildungssystem ein miserables Zeugnis aus. In einer Rede mahnte er weitere Reformen an.

Bundespräsident Horst Köhler hat in eindringlichen Worten weitere Reformen der Sozialsysteme, des Bildungswesens und des Föderalismus angemahnt. In vielen Bereichen sei Deutschland längst nicht mehr Spitze. "Wir haben lange - zu lange? - Vom Ruhm vergangener Zeiten gelebt", sagte Köhler am Donnerstag in Berlin anlässlich des 250. Geburtstages des preußischen Reformers Freiherr von Stein.

Bundespräsident Horst Köhler: "Wir haben lange vom Ruhm vergangener Zeiten gelebt." (Foto: Foto: AP)

Das deutsche Bildungssystem als veraltet und ungerecht bezeichnet. Deutschland habe bei frühkindlicher Bildung "den Status eines Entwicklungslandes", sagte er am Donnerstag in Berlin. Das Schulsystem lasse Begabungen verkümmern und die Hochschulen seien ein gutes Stück von der Exzellenz entfernt, die nötig sei, um im internationalen Vergleich erfolgreich abzuschneiden.

Zudem benachteilige das Bildungssystem Arbeiterkinder, kritisierte der Bundespräsident. Die Pisa-Bildungsstudien zeigten, dass es in Deutschland nach wie vor ererbte Privilegien gebe. "Anders kann man es doch nicht nennen, wenn vier von fünf Akademikerkindern studieren, aber nur eines von fünf Kindern mit Eltern ohne akademischen Grad", meinte er.

Wachsende Staatsverschuldung

Die Reformen der letzten Jahre seien wichtige Schritte in die richtige Richtung gewesen, die jetzt auch Wirkung zeigten, sagte Köhler. "Und doch wird das, was bisher passiert ist, noch lange nicht ausreichen, um unseren Staat leistungsfähig zu erhalten, um uns auf die Anforderungen des globalen Wettbewerbs der Wissensgesellschaften einzustellen und um zukunftsfähig zu bleiben."

Er verwies auf die nach wie vor wachsende Staatsverschuldung von zur Zeit über 1,5 Billionen Euro. Hinzu kämen künftige Pensionsverpflichtungen, für die es kaum Rückstellungen gebe. "Das ist ein Multimilliardenkredit zu Lasten kommender Generationen." Köhler bezeichnete es als überfällig, dass die Föderalismuskommission über wirksame Vorkehrungen gegen immer weiter wachsende Staatsschulden nachdenkt.

Angesichts der Armutsprobleme in der Welt seien Wachstumstreiber statt Wachstumsbremsen und Befähigung statt Bevormundung gefragt. "Das bedeutet vor allem: Bildung, Bildung, Bildung", sagte Köhler.

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