Interview:"Nie hatten wir so gut ausgebildete Frauen wie heute"

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Marion Schick, Präsidentin der FH München, fordert eine Professorinnen-Quote für bayerische Hochschulen.

(SZ vom 28.7.2003) In keinem Bundesland ist der Anteil an Professorinnen so gering wie in Bayern. Und das, obwohl es seit mehr als zehn Jahren Frauenbeauftragte an den Hochschulen gibt. Ihre Empfehlungen fruchten jedoch nicht. Marion Schick, Präsidentin der Fachhochschule München, verlangt deshalb jetzt erstmals eine verpflichtende Quote.

SZ: Wie hoch soll die Frauenquote sein, die Sie fordern?

Schick: Zur 100-Jahr-Feier der akademischen Frauenbildung in Bayern sollen Landtag und Staatsregierung ein klares Signal geben, endlich auch an den bayerischen Hochschulen auf den bundesweiten Anteil von elf Prozent Professorinnen zu kommen. Wir sind inzwischen schon wieder unter die acht Prozent-Marke gefallen. Zumindest elf Prozent müssen es sein.

SZ: Und das geht nicht ohne Druck von oben?

Schick: Ohne Quote dauert es zu lange. Es ist in Bayern noch schwieriger als anderswo eine Erhöhung der Frauenbeteiligung zu erreichen. Andere Länder haben zudem Quoten längst eingeführt. Es geht ja nicht nur um einen angemessenen Frauenanteil bei Berufungen, sondern auch bei der Besetzung von Gremien wie Hochschulrat oder Hochschulleitung.

SZ: Also reichen Empfehlungen von Frauenbeauftragten oder Hochschulleitungen einfach nicht aus?

Schick: Das muss man leider sagen. Das Ziel einer stärkeren Frauenbeteiligung ist nicht wirklich verinnerlicht. Es ist zwar political correct, dass sich jeder dazu offen bekennt. Es ist aber noch ein weiter Schritt, sich dafür aktiv einzusetzen. Man muss deshalb die Hochschulen ein Stück weit zwingen.

SZ: War es ein Fehler der CSU, Hochschulleitungen nicht ausreichend Mitsprache bei Berufungen zu geben?

Schick: Das wäre sicherlich ein kleiner Baustein gewesen. Das Entscheidende aber ist, dass wir uns ein globales Ziel vorgeben. Es geht ja nicht um die eine oder andere Frau, die wir mehr berufen, sondern darum, eine kritische Masse an Frauen zu erhalten - und das im Lehr- und Forschungs- wie auch im Leitungsbereich.

SZ: Wo setzt die kritische Masse an?

Schick: Als erster moderater Schritt sollten eben die elf Prozent erreicht werden. Bayern will ja sonst immer Spitze sein, dann sollten wir doch zumindest den Bundesdurchschnitt erreichen. Langfristig müssen es wesentlich mehr sein, zumal Frauen bei den Abiturientinnen und Studentinnen längst die Mehrheit stellen und auch bei Promotionen und Habilitationen die Zahl der Frauen deutlich steigt. Auch bringen Frauen dabei häufig im Schnitt bessere Leistungen als Männer.

SZ: Professoren klagen jedoch bei Berufungen darüber, dass es nicht ausreichend qualifizierte Bewerberinnen gebe.

Schick: Das Gegenteil ist der Fall: Noch nie hatten wir so gut ausgebildete Frauen wie heute. Erstaunlicherweise schaffen es Bewerberinnen bei Berufungen auch immer auf Platz zwei, womit sie berufungsfähig sind. Doch dann finden sich überraschend Gründe, sie nicht auf Platz eins zu setzen.

SZ: Sie meinen also, dann greifen Vorurteile, um sie nicht berufen zu müssen?

Schick: Das würde niemand wagen, offen zu sagen. Es werden heute Sachargumente ins Feld geführt wie die, dass die Bewerberin weniger Publikationen oder zu wenig Berufserfahrung hat. Und diese Hemmnisse müssen weg.

Interview: Christine Burtscheidt

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