Hochschule:Alte Bekannte vor Gericht

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Sechs unionsgeführte Bundesländer gegen den Bund: Karlsruhe prüft an diesem Dienstag die Klage gegen das bundesweite Verbot von Studiengebühren.

Von Marco Finetti

In Karlsruhe verhandelt an diesem Dienstag das Bundesverfassungsgericht über Studiengebühren. Genau genommen geht es nicht um die Gebühren an sich, sondern darum, dass sie bisher bundesweit bis zum ersten Examen verboten sind. Das hat Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn vor zwei Jahren im Hochschulrahmengesetz festgeschrieben, was sich die sechs unionsgeführten Länder Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Hamburg und das Saarland nicht gefallen lassen wollen. Sollten die höchsten Richter ihren Klagen stattgeben, dürfte es spätestens von 2006 an in einigen Ländern wieder allgemeine Studiengebühren geben - erstmals nach mehr als dreißig Jahren.

Danach sieht tatsächlich einiges aus. So wie im Sommer bei ihrer erfolgreichen Klage gegen die bundesweite Einführung der Juniorprofessur argumentieren die Länder auch dieses Mal damit, dass der Bund seine Kompetenzen überschritten hat und ihre Bildungshoheit verletzt. Zwar geht es nicht allen Klägern zunächst um das verfassungsrechtliche Prinzip.

Besonders Baden-Württemberg, Hamburg und Bayern wollen die Hochschüler lieber heute als morgen zur Kasse bitten; sie halten die juristische Fahne vor allem hoch, um ihre politischen Ziele durchzuboxen. Doch das war auch schon bei der Juniorprofessur so und hat den Erfolg der Länder nicht verhindert. Dennoch können die Kläger nicht hundertprozentig sicher sein, dass Karlsruhe auch das Gebührenverbot kippt und damit der Bundesbildungsministerin binnen weniger Monate eine zweite schwere Schlappe zufügt. Denn dieses Mal hat Bulmahn mehr entgegenzusetzen. Die SPD-Politikerin pocht auf einheitliche Lebensverhältnisse in Deutschland. Gebühren schreckten vom Studium ab und gehörten deshalb verboten, lautet ihr Credo. Ein Verbot aber müsse bundesweit gelten, denn wenn ein Student in einem Land kostenlos studieren könne, nur wenige Kilometer entfernt aber dafür zahlen müsse, sei das zutiefst ungerecht. Mit diesem Argument steht Bulmahn zwar selbst in den eigenen Reihen ziemlich alleine da - einfach abzutun ist es aber nicht.

Das Urteil des Zweiten Senats des Verfassungsgerichts wird für Anfang kommenden Jahres erwartet. Sollte Karlsruhe das Verbot für nichtig erklären, könnten die Probleme freilich erst beginnen. Zwar haben einige Unionsländer ihre Gebührengesetze schon in der Schublade, die zwischen 500 und 650 Euro pro Semester vorsehen. Doch nicht geregelt ist darin, wie die Gebühren durch Stipendien oder Darlehen sozial abgefedert werden können - und wie sichergestellt werden kann, dass sie auch wirklich den Hochschulen zugute kommen und nicht in den Kassen der lauernden Finanzminister verschwinden. Dann aber, so sagen selbst Befürworter, sollte man lieber gleich auf die Gebühren verzichten.

© SZ vom 9.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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