Hartz IV:Gerichtsentscheidungen zum Arbeitslosengeld II

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Vom Auto bis zum Rechtsschutz: Urteile von Sozialgerichten und vom Bundesverfassungsgericht.

Nach Überzeugung des Sozialgerichts Berlin verstößt die Höhe des Arbeitslosengeldes II nicht gegen das Grundgesetz. Die Entscheidung der Berliner Richter vom Dienstag gehört in eine ganze Reihe wichtiger Urteile, die Sozialgerichte (SG), Landessozialgerichte (LSG) und sogar das Bundesverfassungsgericht im Streit um das zum Jahresbeginn eingeführte Arbeitslosengeld II gefällt haben. Ein Überblick:

Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe: In Zweifelsfällen wird Arbeitslosengeld II und nicht Sozialhilfe gezahlt, etwa wenn die Erwerbsfähigkeit noch strittig ist (Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 569/05). Das gilt selbst dann, wenn ein Arbeitsloser kein Arbeitslosengeld II beantragt hat und deshalb ganz ohne Geld dasteht (LSG Hamburg, L 3 B 16/05 ER SO). Leben in einer Bedarfsgemeinschaft gemeinsam Empfänger von Sozialhilfe und Arbeitslosengeld II, so muss das Arbeitslosengeld II in voller Höhe gezahlt werden, und nur die Sozialhilfe wird angepasst (SG Schleswig, S 17 SO 82/05 ER).

Eheähnliche Gemeinschaften: Eine Kammer des SG Düsseldorf blieb mit ihrer Auffassung, die Anrechnung des Partnereinkommens in einer eheähnlichen Gemeinschaft sei verfassungswidrig, allein. Das LSG Nordrhein-Westfalen hob diese Entscheidungen inzwischen wieder auf. Den Nachweis für eine eheähnliche Gemeinschaft hat aber auch danach die Arbeitsagentur zu erbringen.

Nach einmütiger Rechtsprechung lässt sich beispielsweise aus der auch nächtlichen Anwesenheit eines Mannes bei einer arbeitslosen Frau nicht automatisch auf eine Lebensgemeinschaft schließen. Die genaue Grenze ist aber umstritten: Dem LSG Nordrhein-Westfalen genügte es, dass sich der Mann auch tagsüber "erkennbar ungezwungen" in Unterwäsche in der Wohnung bewegte (L 9 B 6/05 SO ER). Nach anderer Ansicht ist eine ehegleich enge "Verantwortungsgemeinschaft" erforderlich (SG Düsseldorf, S 23 AS 332/05 ER) oder gar ein tatsächlicher freiwilliger Unterhalt des Partners (SG Dresden, S 23 AS 175/05 ER; SG Düsseldorf, S 35 AS 107/05 ER).

Auto: Die nach der ursprünglichen Verwaltungspraxis der Bundesagentur für Arbeit vorgesehene Anrechnung eines Autos mit einem Wert über 5000 Euro als Vermögen ist rechtswidrig. Das Auto sei nicht als Vermögensgegenstand, sondern als Verkehrsmittel geschützt, entschied das SG Aurich. Als angemessen gilt danach jedes bereits vor der Arbeitslosigkeit vorhandene Mittelklassefahrzeug mit mittlerer Motorisierung, unabhängig von seinem aktuellen Wert. (SG Aurich, S 15 AS 11/05 ER)

Eigenheimzulage: Nach Überzeugung des LSG Celle zählt die Eigenheimzulage zum "privilegierten Einkommen" und ist nicht auf das Arbeitslosengeld II anzurechnen. Andernfalls würden die Ziele des Gesetzgebers, Wohneigentum zu fördern, untergraben. Das SG Oldenburg und auch das SG Aurich hatten gegenläufig entschieden. (LSG Celle, L 8 AS 39/05 ER; SG Aurich, S 25 14/05 ER)

Rechtsschutz: Gibt es Zweifel an der Bedürftigkeit, etwa wegen möglicher Einkünfte oder einer angeblichen Lebensgemeinschaft, so muss die Behörde diese so konkret darlegen, dass der Antragsteller sie auch ausräumen kann. Nur auf Grund von Mutmaßungen darf eine Leistung, die der Existenzsicherung dient, nicht verweigert werden. (Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 569/05)

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