Existenzgründung:Brücke in den neuen Job

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Wer arbeitslos ist und eine überzeugende Geschäftsidee präsentiert, hat jetzt Anspruch auf Überbrückungsgeld.

Von Rolf Winkel

Viele Leistungen für Arbeitslose werden derzeit abgebaut. Es gibt allerdings eine wichtige Ausnahme: die Leistungen der Arbeitsämter für Existenzgründer. Hier hat der Gesetzgeber sogar nachgelegt. Bezieher von Arbeitslosengeld oder -hilfe, die sich selbstständig machen wollen, können das so genannte Überbrückungsgeld beantragen. Bislang handelte es sich dabei um eine Kann-Leistung, die je nach Haushaltslage der Arbeitsämter auch verweigert werden durfte. Jetzt haben Existenzgründer einen Rechtsanspruch auf Überbrückungsgeld.

Nach wie vor muss eine fachkundige Stelle die Existenzgründungsidee befürworten. Das kann ein Berufsverband, die Industrie- und Handelskammer oder ein Steuerberater sein. Deren Stellungnahme ist für das Arbeitsamt bindend. "Wir können nicht selbst noch einmal in die Prüfung der Existenzgründungsidee einsteigen", sagt Arbeitsberater Karl-Josef Thiel vom Kölner Arbeitsamt. "Da müssen wir uns schon auf andere verlassen, die das besser beurteilen können."

Für Arbeitslose, die sich selbstständig machen, bringt die neue Rechtslage ein Stück Planungssicherheit. Ist die Existenzgründungsidee auch nur einigermaßen plausibel, steht einer Förderung durch das Arbeitsamt nichts mehr im Wege. Als Überbrückungsgeld gibt es dann ein halbes Jahr lang den Betrag, den die Ämter andernfalls als Arbeitslosengeld oder -hilfe zahlen müssten. Dazu kommt ein Zuschlag für die Sozialversicherung. Er beträgt in diesem Jahr für Bezieher von Arbeitslosengeld 71,5 Prozent und für Bezieher von Arbeitslosenhilfe 35,7 Prozent der zuvor erhaltenen Leistung. Beispiel: Hans Maier bezog zuletzt monatlich 1200 Euro Arbeitslosengeld. Als Überbrückungsgeld bekommt er sechs Monate lang jeweils 1200 Euro plus 71,5 Prozent - das sind genau 2058 Euro.

Alternative zur Ich-AG

Alternativ dazu können sich gründungswillige Arbeitslose nach wie vor für den so genannten Existenzgründungszuschuss zu einer Ich-AG entscheiden. In diesem Fall läuft die Förderung des Arbeitsamtes bis zu drei Jahre lang. Im ersten Jahr gibt es monatlich 600 Euro, im zweiten Jahr 360 Euro und im dritten Jahr 240 Euro. Auch auf diese Leistung besteht ein Rechtsanspruch.

Überbrückungsgeld und Existenzgründungszuschuss für die Ich-AG gibt es allerdings nicht gleichzeitig. Arbeitslose müssen sich also zwischen einer dieser Leistungen entscheiden. Faustregel: Der Existenzgründungszuschuss lohnt sich für Arbeitslose mit geringem Leistungsanspruch. Je höher der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist, desto attraktiver ist das Überbrückungsgeld.

Zweite Chance

Viele Existenzgründungen scheitern. Das gilt nicht nur für Unternehmen von zuvor Arbeitslosen. Grundsätzlich gibt es in solchen Fällen eine zweite Förderchance durch das Arbeitsamt.

Seit dem 1. Januar 2004 gibt es hierzu folgende gesetzliche Regelungen: Gescheiterte Gründer können einen zweiten und gegebenenfalls auch noch weitere Versuche mit Arbeitsamtsförderung starten. Aber: Zwischen der "Beendigung der Förderung der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit" und der neuen Förderung müssen mindestens 24 Monate liegen. Beispiel: Ein Existenzgründer hat bis Ende Juni 2003 Überbrückungsgeld erhalten. Ihm kann frühestens von Juli 2005 an wieder Überbrückungsgeld oder ein Existenzgründungszuschuss für die Ich-AG gewährt werden.

Von dieser 24-Monate-Frist für die erneute Förderung einer Existenzgründung kann "wegen besonderer in der Person des Arbeitnehmers liegender Gründe abgesehen werden", heißt es neuerdings im Dritten Sozialgesetzbuch. Die schlechte Konjunktur ist also kein Argument, mit dem man eine kurzfristige neue Förderung begründen kann. Gute Karten hat dagegen, wer bei seiner Existenzgründung "ohne eigenes Verschulden" scheitert. Beispiele: Der Gründer war nach einem Unfall längere Zeit krank. Oder: Der Ehepartner war schwer krank; der Gründer konnte sich deshalb nicht mit vollem Einsatz dem jungen Unternehmen widmen.

Das Gesetz macht keine Angaben darüber, ob Existenzgründer bei einer zweiten Förderung nur mit einer neuen Idee oder auch mit unveränderten Plänen unterstützt werden. Wer bei seinem ersten Gründungsversuch ohne eigenes Verschulden gescheitert ist, kann möglicherweise mit derselben Geschäftsidee auch ein zweites Mal Überbrückungsgeld erhalten. In anderen Fällen wird das Arbeitsamt vermutlich nur modifizierte Vorhaben fördern. Vor einem zweiten - oder sogar dritten - Förderungsantrag sollte man sich vor Ort über die lokale Praxis kundig machen. Erste Ansprechpartner können dabei die Arbeitslosenzentren oder die regionalen Industrie- und Handelskammern sein.

© SZ vom 10.1.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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