Elite-Förderung:Zweiter Bildungsweg für Superhirne

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Im Wintersemester sollen in Bayern die ersten Studiengänge zur "Exzellenz-Bildung" starten - parallel zum bestehenden Angebot der Hochschulen.

Von Christine Burtscheidt

München Bundesweit ist die Eliten-Förderung erst seit Januar in der Diskussion, in Bayern hat die CSU aber bereits vor einem Jahr das ehrgeizige Projekt eines landesweiten "Elite-Netzwerks" angekündigt. Der neue Wissenschaftsminister Thomas Goppel hat daher nun leichtes Spiel, gegen das Vorhaben der Bundesregierung zu punkten, in Deutschland fünf Elite-Universitäten heranzuzüchten. Nicht nur, weil er über ein fertiges Konzept zum Aufbau von 20 Elitestudiengängen und zehn Doktorandenkollegs verfügt. Inzwischen befindet sich auch die Ausschreibung in der Schlussphase. Alle neun bayerischen Universitäten haben Anträge eingereicht, von denen 29 in die engere Wahl kamen.

Ende Februar wird nun eine Kommission unter dem Vorsitz des Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Ernst-Ludwig Winnacker, ihre Empfehlung abgeben, und am 2. März entscheidet dann das Kabinett. Die ersten Angebote sollen schon im Wintersemester starten.

Neue Stellen

Das "Elite-Netzwerk Bayern" (ENB) steht auf vier Pfeilern: Bestehende Einrichtungen wie die Bayerische Elite-Akademie oder die Stiftung Maximilianeum sollen vernetzt werden, die Hochbegabtenförderung an Schulen und Hochschulen verbessert, und außerdem - das sind die zwei neuen Aspekte - sollen zehn Doktoranden-Kollegs und 20 Elite-Studiengänge eingerichtet werden. Dafür stellt der Freistaat 223 "hochwertige Stellen" für Dozenten und Nachwuchswissenschaftler zur Verfügung.

Das Programm läuft in zwei Durchgängen. Die ersten fünf Kollegs und zehn Studiengänge starten im Herbst. Die nächsten folgen 2005. Die Hochschulen können sich mit eigenen Ideen bewerben. "Es ist ein bottom-up-Verfahren", das von der wissenschaftlichen Basis ausgehe, betont Goppel. In der inhaltlichen Gestaltung sind die Bewerber frei. Die Projekte sollen lediglich interdisziplinär und universitätsübergreifend sein. Der Freistaat verspricht sich davon "Spitzenangebote an allen unseren Universitäten", "Exzellenzfelder", die auf die gesamte Wissenschaftsszene ausstrahlen - nicht "solche Leuchtturm-Projekte" wie sie der Bund zurzeit plane, argumentiert der Minister.

Frühe Forschung

Die Elitestudiengänge werden an den Hochschulen eingerichtet, als "Parallel-Option" zu bestehenden Angeboten. Es gibt ein Auswahlverfahren, zu dem nur Studenten mit einem ausgezeichneten Bachelor-Abschluss oder einem sehr guten Vordiplom zugelassen werden. Wer die Prüfung besteht, durchläuft ein fachübergreifendes Curriculum, das früh an die Forschung heranführt. Feste Bestandteile sind kleine Kurse mit maximal 30 Studenten und international renommierten Wissenschaftlern, Wochenendseminare, Exkursionen und Auslandsaufenthalte. Neben fachlichem Wissen wird auch auf die Persönlichkeitsbildung geachtet.

Die Studiengänge erweitern das bisherige Angebot der Elite-Akademie. Dort qualifizieren sich seit 1998 jedes Jahr bis zu 30 Studenten zusätzlich zum Studium für Führungsaufgaben.

Die Graduierten-Kollegs wenden sich gezielt an Nachwuchswissenschaftler. In kleinen, interdisziplinären Gruppen sollen sie wichtige Fragen der Grundlagenforschung erarbeiten. Auch hier ist eine intensive Betreuung durch ausgewiesene Experten vorgeschrieben. Zugelassen werden Uni-Absolventen mit einem Master oder Diplom; aber auch Fachhochschul-Absolventen können sich bewerben, sofern sie zuvor an einem speziellen Trainingsprogramm teilgenommen haben. Die Staatsregierung hofft, damit die Abwanderung junger Nachwuchswissenschaftler ins Ausland, den so genannten brain drain, stoppen zu können.

Finanzierung unklar

Insgesamt wurden 104 Projektskizzen bei der Jury eingereicht. 29 Vorschläge überzeugten. Sie reichen quer durch alle Disziplinen. Historiker, Volkswirte und Biologen sind unter den Bewerbungen für die neuen Graduiertenkollegs und Elitestudiengänge. 15 werden Anfang März den Zuschlag erhalten. Die ersten 110 Stellen für Dozenten und Wissenschaftler werden aus dem Abbau der Arbeitszeitverkürzung für Beamte finanziert.

Staat und Wirtschaft steuern außerdem in den ersten fünf Jahren 14 Millionen Euro bei. Die anschließende Finanzierung ist noch unklar, aber das stört die Staatsregierung wenig. Der Bund fördere fünf Elite-Universitäten, würde dafür aber in der Breite sparen und die Hochschulen auf das "Niveau eines wissenschaftlichen Schwellenlandes" drücken, sucht Goppel lieber nach Fehlern in Berlin. Tatsächlich aber spart auch der Freistaat an seinen Hochschulen. Den Ausbau eines Elite-Netzwerks parallel zum Rückbau der Infrastruktur verfolgen viele Professoren mit Argwohn. Es ist zwar nur einer, aber ein entscheidender Kritikpunkt am ENB.

© SZ vom 12.2.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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