Betriebsfeiern:Feierabend ohne Reue

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Über die Arbeit zu reden, verbietet sich. Doch womit könnte man sonst peinliche Gesprächspausen füllen? Wie man ein Betriebsfest mit Anstand übersteht - und Spaß dabei hat.

J. Göricke

Die sollen mich mal richtig kennenlernen. Wer mit dieser Einstellung zur Betriebsfeier geht, könnte bei der nächsten Beförderungsrunde ein Problem bekommen. Es sei denn, er ist ein völlig harmloser, man darf sagen: grundlangweiliger Zeitgenosse ohne Höhen und Tiefen, der jederzeit Unverfängliches von sich gibt. Wobei ein Langweiler sich kaum für interessante Aufgaben empfiehlt, aber das nur am Rande.

Betriebsfeier: Dreistündiges Kleben am einzig interessanten Gesprächspartner ist entschieden zu anhänglich. (Foto: Foto: iStock)

Wer sich also wie jeder normale Mensch nicht immer hundertprozentig unter Kontrolle hat, sollte sich mental und inhaltlich auf den fröhlichen Umtrunk vorbereiten. Zum Beispiel ist es ratsam, im Vorfeld Gesprächsthemen zu sammeln, die einen Small Talk beleben können. Über die Arbeit zu reden, verbietet sich von selbst. Das zeugt von wenig Phantasie, und schließlich ist ja Feierabend.

Das Wetter geht immer

Wenn man weiß, dass Kollege Meier ein begeisterter Segler ist, ist es nicht verkehrt, Stichworte wie Halse und Wende einwerfen zu können. Allerdings wäre es grundfalsch, mit der rosenbegeisterten Chefin über Aloha oder Zwergenfee fachsimpeln zu wollen, es sei denn, man weiß schon länger als zwei Tage, dass es sich dabei um Rosensorten handelt. Aber Spezialthemen sollten ohnehin nicht überstrapaziert werden. Schließlich wollen auch noch zwei, drei andere mitreden, da kriegt man am besten schnell die Kurve vom letzten Segeltörn an der türkischen Riviera zum windigen Wetter daheim.

Merke: Übers Wetter zu reden, geht immer. Wie man überhaupt sagen muss, dass es in einem Small Talk gar nicht so sehr auf die Inhalte ankommt, sondern auf ein gegenseitiges Wohlwollen, auf den Wunsch zuzuhören und teilzuhaben.

Gekonntes Small-Talk-Hopping

Man sollte auch jederzeit bereit sein, die Konstellation zu ändern. Dreistündiges Kleben am einzig interessanten Gesprächspartner ist entschieden zu anhänglich. Gekonntes Small-Talk-Hopping mischt auf und mindert das Risiko peinlicher Gesprächspausen.

Wer Plauderpausen zu überbrücken sucht, indem er die qualvolle Trennung vom langjährigen Lebenspartner ausbreitet, ist nicht wirklich unterhaltsam, sondern eine Spaßbremse. Er ist auch nicht der einzig ernsthafte Mensch unter 37 oberflächlichen Gestalten, sondern verhält sich einfach nur unangemessen.

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Wo Fettnäpfchen lauern

Dasselbe gilt für die politisch Interessierten, die dringend kundtun müssen, was sie davon halten, dass Bahnchef Mehdorn nicht früher zurückgetreten ist. Das kann ins Auge gehen. Noch schlimmere Fettnäpfe lauern, wenn man mit, sagen wir chinesischen, Gästen über die Pressefreiheit ihres Heimatlandes diskutiert. Autsch.

Alkohol lockert, zu viel Alkohol verdirbt die Stimmung. Denn dann sinkt die Hemmschwelle, und selbst beherrschte Naturen werden weinerlich, reden über den gemeinen Ex-Mann oder setzen Bahnchefs ab. Es soll auch schon vorgekommen sein, dass Assistentinnen, die endlich mal zeigen wollen, was für ein heißer Schuss sie sind, auf dem Tisch tanzen. Mädels, denkt an morgen!

Und wer duzen möchte, kann sein Anliegen jederzeit vorbringen, nur nicht auf einer Betriebsfeier, es sei denn, er hat es sich schon lange vorher und gut überlegt. Schließlich muss die Duz-Freundschaft dem Arbeitsalltag standhalten. göri

© SZ vom 4.4.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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