Bayern:Lendenschurz statt Lederhose

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Uni-Rektoren warnen vor "Studienplatz-Vernichtung".

Von Jeanne Rubner

(SZ vom 4.11.2003) München - Zehn Prozent weniger Geld für fast sieben Prozent mehr Studienanfänger: Bayerns Rektoren wissen nicht, wo sie den Rotstift ansetzen sollen. Wissenschaftsminister Thomas Goppel machte ihnen wenig Hoffnung, dass die Bildung bei der allen Ressorts verordneten Streichung ungeschoren davon kommen könnte. Ein Gespräch der Hochschul-Chefs mit dem Minister Ende letzter Woche in München verlief zwar nach Angaben der Teilnehmer "in konstruktiver Atmosphäre". Goppel habe Verständnis für die Finanznöte der Hochschulen gezeigt, doch am Schluss ging man ohne konkretes Ergebnis auseinander.

Bis 2008 sollen die Hochschulen 15 Prozent ihrer Mittel einsparen. Berücksichtigt man die Inflation, so entspricht das laut Bernd Huber, Rektor der Universität München, einer realen Kürzung von 25 Prozent. Huber hat wegen der "dramatischen Lage" bereits einen Stellenstopp für dieses Jahr verhängt.

Wolfgang Herrmann, Präsident der Technischen Universität München, warnte davor, dass der Rückbau zu gewaltigen Verlusten und möglicherweise sogar zu einem Zusammenbruch des Systems führen könne. Schon jetzt fehlten der TU knapp 100 Millionen Euro für Reinvestitionen und Gebäudeunterhalt.

Auch der Rektor der Universität Regensburg sieht eine gewaltige "Studienplatzvernichtung" kommen. Die Universität Regensburg, ausgelegt für 11.600 Studenten, müsse derzeit sogar 17.800 verkraften, so Alf Zimmer. Würde man die Kürzungen jetzt rigoros umsetzen, dann müsste man 90 Stellen streichen: "Das ist als ob wir eine gesamte naturwissenschaftliche Fakultät komplett schließen müssten". Man müsse wohl, sagte Zimmer, den Werbespruch der Staatsregierung "Laptop und Lederhose" in "Lendenschurz und Griffel" umschreiben. Erlangens Rektor Karl-Dieter Grüske sprach von einem "Desaster" für die Lehre. Selbst wenn man alle Planungen und Investitionen auf Eis lege, müssten nächstes Jahr 460 Stellen wegfallen. Betroffen seien vor allem die Medizin, Ingenieur- und Naturwissenschaften, weil dort die meisten Stellen frei werden. "Damit sind zentrale Studiengänge gefährdet."

Die von der Staatskanzlei verordneten drastischen Kürzungen werden vom Wissenschaftsministerium den Universitäten auch als notwendige "Profilbildung" vermittelt. Sie sollen sich auf ihre Stärken besinnen und dort kürzen, wo sie schwach sind. Doch die Rektoren warnen vor dieser Art von Profilbildung. "Man kann Universitäten nicht per Knopfdruck zurückfahren", sagte Bernd Huber. Wegen des enormen Sparzwangs müsse man jetzt völlig unsystematisch streichen. "Die Kürzungen erschweren die Profilbildung", warnte Huber, es werde Jahre dauern, bis man das wieder korrigieren könne.

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