Arbeitszeugnisse:Note Mangelhaft

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Viele Arbeitszeugnisse sind mangelhaft. Experten stoßen immer wieder auf dieselben Fehler.

Miriam Hoffmeyer

Die Arbeitszeugnisberatung der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hat seit 2005 fast 2700 Zeugnisse geprüft. Gisela Schamann, eine von fünf Beraterinnen, stößt immer wieder auf dieselben Fehler.

"Auch korrekte Zeugnisse kann man oft noch ergänzen." (Foto: Foto: iStockphoto)

SZ: Stoßen Sie oft auf versteckte Negativurteile in Arbeitszeugnissen?

Gisela Schamann: In der Praxis kommt das kaum vor. Das Problem ist: Es steht einfach nicht genug in den Zeugnissen drin.

SZ: Was fehlt denn?

Schamann: Es reicht nicht, wenn Leistungsbereitschaft und Arbeitsweise beurteilt werden, aber nichts über den Arbeitserfolg im Zeugnis steht. Und wenn ein Chef seinem Angestellten bescheinigt, er habe immer sorgfältig gearbeitet, aber kein Wort über das Tempo verliert, liest man: Dieser Mann kriegt nichts vom Tisch! Ein Zeugnis darf für Interpretationen keinen Spielraum lassen.

SZ: Wie erklären Sie sich die Lücken in den Zeugnissen?

Schamann: Das ist die Frage: Ist dem Schreiber bewusst, dass er durch Weglassen eine negative Aussage trifft. Hat er eigentlich eine positive Bewertung im Sinn und will bloß vermeiden, dass das Zeugnis zu lang wird? Vermutlich liegt es schlicht am Unvermögen des Verfassers.

SZ: Welche Folgen hat das?

Schamann: Bewerber mit lückenhaften Zeugnissen werden oft schon in der ersten Runde aussortiert.

SZ: Gelegentlich werden Arbeitnehmer aufgefordert, sich ihr Zeugnis selbst zu schreiben. Ist das nicht riskant?

Schamann: Nach meiner Erfahrung sind diejenigen, die sich zutrauen, ihr Zeugnis selbst zu schreiben, sehr gut informiert. Trotzdem kann man auch korrekte Zeugnisse oft noch ergänzen. Aussagen über Fachkenntnisse sind häufig viel zu allgemein gehalten, die passen zum Oberarzt wie zur Schuhverkäuferin. Je mehr Details, desto besser.

SZ: Gibt es etwas, auf das Personalabteilungen besonders viel Wert legen?

Schamann: Viele Personalchefs lesen Arbeitszeugnisse von hinten, denn dort stehen die Aussagen über die Wertschätzung des Arbeitnehmers: Bedauern über seinen Weggang, Dank für die geleistete Arbeit und gute Wünsche für den weiteren Lebensweg.

SZ: Muss dieser Absatz nicht in jedem Zeugnis stehen?

Schamann: Auf Wertschätzung gibt es keinen Rechtsanspruch. Der Arbeitgeber ist nur verpflichtet, ein positives, berufsförderndes Zeugnis auszustellen.

SZ: Was kann man tun, wenn man mit seinem Zeugnis unzufrieden ist?

Schamann: Das Gespräch mit dem Vorgesetzten suchen, oft kann man sich einigen. Welche rechtlichen Möglichkeiten man hat, hängt vom Einzelfall ab. Da sollte man den Rat eines Experten einholen.

© SZ vom 23.1..2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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