Arbeitsrecht:Wem eine Abfindung zusteht

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Bis zu 18 Monatsverdienste können bei einer Abfindung herausspringen. Ein Anspruch auf den Geldsegen besteht aber nur in wenigen Fällen.

Von Wolfgang Büser

Nur in ganz bestimmten Situationen steht einem Arbeitnehmer bei Kündigung eine Abfindung zu. Der Gesetzgeber regelt für viele Fälle sogar die maximale Höhe des Entgeltanspruchs. Mit diesem Thema befasst sich der dritte und letzte Teil der Serie zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen.

Auch das Finanzamt kassiert mit: Freiwillige Abfindungen sind steuerpflichtig. (Foto: Foto: photodisc)

Vielfach wird angenommen, eine lange Betriebszugehörigkeit reiche aus, um beim Ausscheiden aus einem Unternehmen eine Abfindung zu erhalten. Doch das Gesetz sieht nur drei Möglichkeiten vor, ein Entgelt für den verlorenen Arbeitsplatz beanspruchen zu können. So besteht ein Rechtsanspruch auf eine Abfindung, wenn ein Arbeitgeber "wegen dringender betrieblicher Erfordernisse" gekündigt hat und der Arbeitnehmer daraufhin keine Kündigungsschutzklage erhebt. Dafür darf er sich bis zu drei Wochen nach Zugang der Kündigung Zeit lassen. Allerdings hat das Gesetz vorher noch eine Hürde aufgebaut. Bedingung für den Anspruch auf Abfindung ist, dass der Arbeitgeber in seinem Kündigungsschreiben auf die dringenden betrieblichen - und nicht personenbezogenen - Gründe für die Entlassung hinweist und ausdrücklich darauf aufmerksam macht, dass er eine Abfindung zahlt, wenn der Mitarbeiter die Klagefrist ungenutzt verstreichen lässt. Dem ausscheidenden Mitarbeiter steht dann für jedes Jahr des Beschäftigungsverhältnisses ein halbes Monatsgehalt als Abfindung zu. Ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten wird auf ein Jahr aufgerundet.

Zweitens hat ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf Abfindung, wenn er innerhalb von drei Wochen nach der vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erhoben hat und vom Gericht festgestellt wurde, dass die Kündigung "sozial ungerechtfertigt" war und das Arbeitsverhältnis trotzdem - auf Wunsch des Arbeitnehmers oder Arbeitgebers - aufgelöst wird. Das passiert meist, weil eine Zusammenarbeit wegen des Kündigungsschutzprozesses nicht mehr zumutbar ist. Das gilt nur für Betriebe mit mehr als fünf Arbeitnehmern. Dabei werden Auszubildende nicht mitgezählt, Teilzeitkräfte mit bis zu 20 Arbeitsstunden wöchentlich zählen als halbe Arbeitskraft, mit 30 Stunden zählen sie als dreiviertel Arbeitskraft.

Das Arbeitsgericht befindet über die angemessene Höhe der Abfindung. Gemäß Gesetz können als Abfindung bis zu zwölf Monatsverdienste festgelegt werden. Ist der Arbeitnehmer 50 Jahre alt und hat das Arbeitsverhältnis mindestens 15 Jahre bestanden, so kann es bis zu 15 Monatsverdienste geben. 55-jährige Arbeitnehmer mit 20 oder mehr Jahren Betriebszugehörigkeit können mit bis zu 18 Monatsverdiensten rechnen.

Drittens: In größeren Betrieben kann der Betriebsrat den Abschluss eines Sozialplanes verlangen, wenn der Arbeitgeber eine "Betriebsänderung" plant. Im Sozialplan werden die wirtschaftlichen Nachteile ausgeglichen oder gemildert, die den Arbeitnehmern durch die vorgesehenen Maßnahmen entstehen, etwa durch Abfindungszahlungen.

Um eine "Betriebsänderung" handelt es sich etwa, wenn ein Betriebsteil oder der ganze Betrieb stillgelegt wird. Dazu zählt auch, wenn der Betrieb oder ein Teil an einen anderen, entfernten Ort verlegt wird oder wenn ein Betrieb mit einem anderen zusammengelegt wird. Mögliche Betriebsänderungen sind auch eine grundlegende Änderung in der Organisation und die Einführung neuer Arbeitsmethoden oder Fertigungsverfahren.

Arbeitgeber und Betriebsrat können in einem Sozialplan frei darüber befinden, unter welchen Bedingungen, an wen und in welcher Höhe Abfindungen gezahlt werden. Dabei orientieren sie sich sowohl an den sozialen Belangen der Arbeitnehmer als auch an den Möglichkeiten des Unternehmens.

Macht des Amtes

Natürlich können Arbeitgeber ausscheidenden Mitarbeitern Abfindungen auch zahlen, ohne dazu verpflichtet zu sein. Allerdings: Solche Abfindungen sind steuerpflichtig. Wird ein Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber aufgelöst oder durch einen Vergleich vor dem Arbeitsgericht entschieden, so ist eine Abfindung steuerfrei bis zu 7200 Euro. Für mindestens 50-Jährige nach wenigstens 15 Jahren Betriebszugehörigkeit macht der Freibetrag 9000 Euro aus, für mindestens 55-Jährige nach wenigstens 20 Jahren im Betrieb 11.000 Euro. Für übersteigende Beträge kann eine vergünstigte Besteuerung nach der so genannten Fünftelregelung beansprucht werden.

Unabhängig von der steuerlichen Behandlung: Für die Sozialversicherung sind Abfindungen in jedem Fall beitragsfrei.

Abfindungen haben manchmal negative Folgen: Sie können einen empfindlichen Einfluss auf das Arbeitslosengeld haben. Etwa dann, wenn ein Arbeitnehmer ohne Einhaltung der Kündigungsfrist aus einem Unternehmen ausscheidet.

In solchen Fällen vermutet der Gesetzgeber, dass in der Abfindung ein Teil des Arbeitsentgelts enthalten ist, das ansonsten für die einzuhaltende Kündigungsfrist zu zahlen wäre. Diese Frist beträgt je nach Gesetz und Tarifvertrag bis zu sieben Monate oder länger. Die Folge: Das Arbeitslosengeld ruht für eine bestimmte Zeit. Dies gilt grundsätzlich für die Dauer der durch die Abfindung verkürzten Kündigungsfrist. Nach dem Motto: Je mehr Monate das Arbeitsverhältnis an sich noch hätte bestehen können, desto härter fällt die Reaktion des Arbeitsamtes aus. Der Ruhezeitraum verkürzt sich, wenn der so genannte Entgeltanteil der Abfindung in kürzerer Zeit verdient worden wäre. Wie hoch dieser Entgeltanteil der Abfindung ist, das hängt vom Lebensalter des Arbeitnehmers und der Dauer seiner Betriebszugehörigkeit ab (siehe Tabelle).

Ein Beispiel: Ein 55-jähriger Arbeitnehmer war 15 Jahre in einem Unternehmen beschäftigt, die Kündigungsfrist wurde nicht eingehalten. Die zwischen Firma und Ausscheidendem vereinbarte Abfindung beträgt 18.000 Euro. Laut Tabelle der Arbeitsagentur macht der Entgeltanteil 25 Prozent von 18.000 Euro, also 4500 Euro aus. Der monatliche Bruttoverdienst des Arbeitnehmers betrug 2250 Euro. Nun errechnet die Arbeitsagentur, wie vielen Monatsgehältern die 4500 Euro Entgeltanteil entsprechen. Im Beispiel sind dies zwei Monate (4500 Euro / 2250 Euro = zwei). Solange gibt es kein Arbeitslosengeld.

© SZ vom 13.4.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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