Arbeitsplatz:Die Traumverkäuferin

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Denise wusste schon immer ganz genau, dass sie im Reisebüro arbeiten will.

Jutta Göricke

(SZ vom 14.02.2001) "Warum ich unbedingt Reiseverkehrskauffrau werden wollte, weiß ich eigentlich gar nicht so genau. Ich kannte Reisebüros nur vom Reinschauen und hab mir immer vorgestellt, dass das einfach ein superschöner Job sein muss, weil man viel mit Leuten zu tun hat. Und ich bin nun mal sehr kontaktfreudig.

Massentourismus (Foto: Foto: dpa)

Richtig interessiert an einer Ausbildung war ich seit dem zehnten Schuljahr, wo ich auch meine berufsorientierende Woche in einem kleinen Reisebüro absolviert habe. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Meine Chefin hat mich mit Katalogen arbeiten lassen, und ich durfte sogar schon Angebote ausrechnen. Richtig am Computer. In den Ferien habe ich mal ein Praktikum als Werbekauffrau durchgezogen. Aber das hat mir überhaupt nicht gefallen, was vielleicht einfach am Arbeitsklima in diesem speziellen Büro lag. Außerdem durfte ich nichts Vernünftiges machen. Und der Kontakt zu Kunden fehlte mir auch.

Von Buxtehude bis Bali

Warum aber ausgerechnet Reisebüro? Zum Beispiel Verkäuferin in einer Boutique zu werden, wäre mir nicht anspruchsvoll genug gewesen. Hier muss ich gut organisieren können, komplizierte Gruppenreisen mit Programm planen und buchen.

Na ja, es stimmt schon, dass ich mir erst mal ein falsches Bild von meinem Beruf gemacht habe. Von den Vergünstigungen bei Flügen und Reisen. Die bekommen wir zwar. Aber ehrlich gesagt helfen die nicht viel, weil wir recht wenig verdienen.

Was toll ist: Wir können Informationsreisen quer durch die ganze Welt machen, von Buxtehude bis zur super exklusiven Fernreise. Als Weiterbildungsmaßnahme, versteht sich. Da kommt man natürlich nicht als Azubi dran, sondern erst später, im Job. Dieses Jahr bin ich für meine erste Inforeise angemeldet, entweder nach Teneriffa, Gran Canaria oder Madeira.

Sonnenanbeter und Studienreisende

Ich verreise gern, bin aber der klassische Strandurlauber und mache immer genau das, wovon ich meinen Kunden abrate. Zum Beispiel erst vor Ort ein Auto mieten, obwohl ich weiß, dass man damit auf die Nase fallen kann. Auch Ausflüge buche ich lieber spontan. Trotzdem finde ich wichtig, wenn im Grundsatz alles durchorganisiert ist. Als Rucksacktourist würde man mich nie irgendwo antreffen.

Obwohl ich eher zur Kategorie Sonnenanbeter gehöre, muss ich natürlich auch den klassischen Studienreisenden verstehen können. Schließlich muss ich das ja verkaufen können. Und ich glaube, das kann ich ganz gut.

Für manche ist das echt ein Traum: jeden Tag knallhartes Programm mit Besichtigung der Uffizien, danach Italienisch-Plaudern für Fortgeschrittene und am Abend "La Traviata" in Verona.

Es gibt Kunden, die sind fast schon Freunde geworden. Die schauen schon mal rein, nur um einen Kaffee mit mir zu trinken. Gestern wollte mir mein Lieblingskunde kündigen, als ich ihm erzählt habe, dass ich gleich weg müsse, zur Autogrammstunde von Jürgen aus dem Big-Brother-Haus. Aber das hat er nicht ernst gemeint. Ich schon."

Aufgezeichnet von Jutta Göricke

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