Arbeitnehmer:Krank, aber richtig

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Einkaufen mit Bronchitis ja, Kneipenbesuch nein - was Arbeitnehmer im Krankenstand tun dürfen.

Krank geschriebene Arbeitnehmer müssen einige Spielregeln gegenüber dem Arbeitgeber beachten. Welche das im Einzelnen sind, hat die Stiftung Warentest in der April-Ausgabe ihrer Zeitschrift "Finanztest" zusammengefasst.

Erst einmal gelte: Nicht jede Krankheit bedeutet auch Arbeitsunfähigkeit. "Nur wenn der Mitarbeiter seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht erfüllen kann, darf er zu Hause bleiben." Der Erkrankte muss dann dem Betrieb bereits am Morgen des ersten Fehltages Bescheid sagen.

"Es gibt Betriebe, in denen das Attest bereits ab dem ersten Tag nötig ist", erklären die Verbraucherschützer. Meist müsse der Mitarbeiter den gelben Schein aber erst am vierten Tag vorlegen.

Aber auch wenn das Attest erst am vierten Tag beim Chef ankomme, müsse der Arbeitnehmer in jedem Fall sofort nach dem Arztbesuch dem Arbeitgeber sagen, wie lange er voraussichtlich fehlen wird.

Werde ein weiteres Attest nötig, gelten dafür dieselben Mitteilungspflichten, und zwar über die gesamte Krankheitsdauer. "Auch wenn nach sechs Wochen der Arbeitgeber keine Entgeltfortzahlung mehr leistet und die Krankenkasse Krankengeld zahlt, muss der Mitarbeiter die Mitteilungspflichten - etwa für weitere Atteste - erfüllen."

Auch bei Erkrankungen im Ausland muss das Attest am vierten Tag im Betrieb sein. "Am sichersten ist ein Fax, ein Brief dauert meistens zu lange", empfehlen die Verbraucherschützer. Mitarbeiter sollten im Übrigen auch Erkrankungen während des Urlaubs melden, denn die Urlaubstage werden ihnen gut geschrieben.

Verletze der Erkrankte seine Pflichten, kann das zur Abmahnung oder Kündigung führen. Der Arbeitgeber könne auch für diese Tage den Lohn einbehalten. Arbeitsunfähige Mitarbeiter müssen übrigens nur dann das Bett hüten, wenn dies ausdrücklich verordnet ist.

Was ein Patient tun darf und was nicht, hängt in erster Linie von seiner Erkrankung ab, erläutert Martina Perreng, Arbeitsrechtlerin beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Als Faustregel gilt: Es ist alles verboten, was die Genesung verzögert oder gefährdet.

Ein erkrankter Beschäftigter muss sich immer so verhalten, dass er möglichst bald wieder gesund wird, betont Axel Döhr, Arbeitsrechtler der R+V-Versicherung. Dazu gehört auch, eine vom Arzt verordnete strenge Bettruhe einzuhalten. Wer gegen den ärztlichen Rat handelt oder nachweislich eine Erkrankung vortäuscht und auffliegt, riskiert eine Abmahnung oder schlimmstenfalls die fristlose Kündigung des Chefs.

Kein Hausarrest

Krankgemeldete Mitarbeiter müssen aber nicht zwangsläufig den ganzen Tag zu Hause sitzen, das Bett hüten oder ständig telefonisch erreichbar sein. Der "gelbe" Schein muss der Firma als Nachweis der Arbeitsunfähigkeit genügen. Krankmeldung kommt keinem Hausarrest gleich, erklärt Jens-Peter Hjort, Hamburger Fachanwalt für Arbeitsrecht. Sich mit Lebensmitteln im Supermarkt um die Ecke zu versorgen, ist eigentlich immer erlaubt - solange der Arzt das Aufstehen und Einkaufen nicht ausdrücklich verboten hat. Gleiches gilt auch für Spaziergänge.

Niemand braucht in Panik zu verfallen, nur weil er von Kollegen beim Frischlufttanken im Park gesehen wurde oder bei einer privaten Einladung im Bekanntenkreis.

Haariger kann es dann schon bei Kino- oder Restaurantbesuchen werden. Mit einer schweren Bronchitis in der verrauchten Kneipe zu sitzen, fördert nicht gerade die Genesung, warnt Arbeitsrechtler Döhr. Für sportliche Aktivitäten ist es ratsam, sich das Okay des Arztes zu holen.

Wer während der Arbeitsunfähigkeit allerdings in einem anderen Betrieb jobbe, könne ohne Abmahnung fristlos gekündigt werden. "Das droht ihm vor allem dann, wenn er bei einem Konkurrenten arbeitet und die Arbeit nach Art und Schwere vergleichbar ist."

Wer im Krankenstand unbedingt verreisen muss, sollte sich den Trip vorher genehmigen lassen. Zustimmen muss immer der, der während der Erkrankung den Lohn weiter zahlt: Wenn noch keine sechs Wochen nach Krankmeldung vergangen sind, ist der Chef dafür zuständig. Später muss die Krankenkasse gefragt werden. Wer ohne Genehmigung fährt, riskiert die Einstellung der Lohnfortzahlung respektive seines Krankengelds durch die Kasse, erläutert Döhr. Je nach Situation und Erkrankung - bei Bronchitis oder mit Gipsbein - sei eine Reise durchaus möglich. Ratsam ist, geplante Unternehmungen auch vom Arzt schriftlich genehmigen zu lassen.

Mit Detektiven gegen Simulanten

Will ein Mitarbeiter vorzeitig an den Arbeitsplatz zurückkehren, muss sich der Arbeitgeber nicht darauf einlassen. Denn streng genommen gilt: Wer krankgeschrieben ist, darf seiner Arbeit nicht nachgehen. Das gefährdet den Versicherungsschutz.

Ist ein krankgemeldeter Arbeitnehmer in der Lage, Hausarbeiten oder Behördengänge zu machen, so kann ihm das niemand ankreiden. Der Bogen ist aber eindeutig dann überspannt, wenn er außer Haus arbeitet, seinen Umzug abwickelt, auf dem Bau werkelt oder einem Nebenjob nachgeht, wie Hjort betont.

Hegt ein Chef den begründeten Verdacht, dass ein Mitarbeiter vorsätzlich oder wiederholt "blau" macht, kann er ihn auffordern, sich vom Medizinischen Dienst der Krankenkasse untersuchen zu lassen. Misstrauen entsteht häufig, wenn sich Beschäftigte mehrfach just rund ums Wochenende oder Feiertage krank melden. Oder wenn eine Krankschreibung ausgerechnet in die Zeit fällt, in der ein beantragter Urlaub abgelehnt wurde. Der Arbeitgeber muss für die unfreiwillige Gesundheitskontrolle allerdings eindeutige Anhaltspunkte fürs Schummeln vorweisen können.

Im konkreten Verdachtsfall kann die Firma sogar einen Detektiv beauftragen. "Dieses Vorgehen nimmt zu", berichtet Hjort. Wird dem Mitarbeiter Betrug nachgewiesen, kann die Rechnung später dem ertappten Simulanten aufgebürdet werden.

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