Frage an den SZ-Jobcoach:Wie mildere ich den großen Knall ab?

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SZ-Leserin Verena H. ist mit einem Projekt betraut worden, das möglicherweise scheitert. Ihr Chef verhindert jedoch, dass sie dem Kunden reinen Wein einschenkt. Der Jobcoach gibt Tipps, wie solche Dilemmas zu meistern sind.

SZ- Leserin Verena H. fragt:

Ich bin zur Projektleiterin für ein riskantes Projekt ernannt worden. Mein Abteilungsleiter hat den Auftrag an Land gezogen, die Verhandlungen geführt und dann mir die Leitung übertragen. Das Projekt ist deswegen riskant, weil die Machbarkeit höchst unklar ist, der Kunde aber in Sicherheit gewiegt wird, dass wir alles fristgerecht liefern.

Nun ist es so, dass der Abteilungsleiter jeden Versuch von mir unterbindet, dem Kunden reinen Wein einzuschenken. Mein Eindruck ist, dass er den Konflikt nur vor sich herschiebt. Was kann ich tun, um den großen Knall abzumildern?

Georg Kaiser antwortet:

Liebe Frau H., eine eindeutige Antwort fällt mir schwer, da ich zu wenig über ihr Projekt weiß: Wie ist es im Unternehmen aufgehängt? Wer sitzt im Steuerungskomitee? Wie sehen die im Projekt definierten Hauptaufgaben, Arbeitspakete und Zeitpläne mit den entsprechenden Meilensteinen aus? Ein Projekt sollte so konzipiert sein, dass die Ziele im Prinzip erreicht werden können. Da die Machbarkeit dennoch in Frage steht - und ich nicht weiß, warum -, fällt die Antwort eher grundsätzlich aus.

Projekte werden häufig dann aufgelegt, wenn neuartige Aufgabenbereiche so umfangreich und auch risikobehaftet sind, dass sie neben dem Tagesgeschäft nicht bewältigt werden können. Ein meist abteilungsübergreifend zusammengesetztes Projektteam soll den zusätzlichen Bedarf an Know-how und Arbeitskapazität sicherstellen und einen klar definierten Projektauftrag innerhalb einer ebenfalls klar definierter Zeit umsetzen.

Die Zeitvorgaben sind in Etappen mit entsprechenden Teilzielen untergliedert. Wenn ein solches Teilziel (Meilenstein) nicht im avisierten Zeitrahmen erreicht worden ist, ist das Projekt im Verzug. Sie als Projektleiterin haben dann die Aufgabe, diesen Verzug dem Steuerungskomitee zu melden, die Gründe für den Verzug zu benennen und die Ressourcen anzufordern, um den Zeitverzug aufzuholen und das Projekt fristgerecht abzuschließen.

Ein solches Steuerungskomitee besteht in der Regel aus mehreren Personen und ist der Geschäftsführung rechenschaftspflichtig. So wird höchste Transparenz sichergestellt, die erforderlich ist, weil gescheiterte Projekte doppelt teuer werden: Sie binden hohe Arbeitskapazitäten, und das Unternehmen verliert wichtige Kunden. Soweit die Theorie.

Wenn ich Sie richtig verstehe, sind Sie zuständig für den Erfolg des Projekts, und Ihr Abteilungsleiter hält den Kundenkontakt. Ihre Verantwortlichkeit sehe ich darin, beim Steuerungskomitee die zusätzlichen Ressourcen zu beantragen. Wenn Sie diese nicht bekommen, erklären Sie dem Steuerungskomitee, welche Konsequenzen das hat.

Die Verantwortung liegt dann dort: Ist Ihr Projekt so wichtig, dass weitere Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, oder nimmt die Firma eine Verzögerung oder ein Scheitern des Projekts in Kauf?

Wie immer diese Entscheidung ausfällt - es wird dann zur Aufgabe Ihres Abteilungsleiters, dies dem Kunden mitzuteilen. Da die Entscheidung aber weder bei ihm noch bei Ihnen liegt, können Sie den großen Knall nur dadurch verhindern, dass sie das Steuerungskomitee überzeugen, mehr Mittel zur Verfügung zu stellen.

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Es kann psychologisch schwierig sein, die Ungewissheit auszuhalten, ob das Projekt erfolgreich abgeschlossen werden kann, und gleichzeitig alle Mitarbeiter zu motivieren, sich mit ganzer Kraft dafür einzusetzen. Machen Sie sich dann immer bewusst, wo Ihr Verantwortungsbereich endet und der Ihres Abteilungsleiters oder des Steuerungskomitees beginnt.

Wenn Sie sicherstellen wollen, dass die Schuld nicht auf Sie abgewälzt wird, verfassen Sie Gesprächsprotokolle, die Sie Ihren Gesprächspartnern per E-Mail schicken.

Georg Kaiser unterstützt Führungskräfte bei Konflikten im Arbeitsalltag und der Entwicklung ihres Personals. Er arbeitet als Wirtschaftsmediator, Managementtrainer, Coach, Supervisor und Gestalttherapeut in Bremen.

Haben Sie auch eine Frage zu Bewerbung, Berufswahl, Etikette, Arbeitsrecht, Karriereplanung oder Führungsstil? Schreiben Sie ein paar Zeilen an coaching@sueddeutsche.de. Unsere sechs Experten beantworten ausgewählte Fragen im Wechsel. Ihr Brief wird selbstverständlich anonymisiert.

© SZ vom 08.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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