Wohnen um München:Ambach

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450 Seelen und ein Tante-Emma-Laden: Wem das bereits vollauf genügt, der sollte vielleicht nach Ambach ziehen.

Ingrid Brunner

Die schönste Art, Zaungast zu sein. Dieser Gedanke stellt sich ein beim Spaziergang entlang der Seeuferstraße in Ambach, am Ostufer des Starnberger Sees gelegen. Die schmale Ortsdurchfahrt, die zugleich auch Spazierweg ist, ist durchweg durch eingezäunte Ufergrundstücke vom Strand getrennt. Bäuerliche Holzpalisaden, schmiedeeiserne Gitter und Flechtwerk trennen die Flaneure vom Seeufer. Aber niemand regt sich sonderlich darüber auf, denn die Ausblicke auf das Wasser und die Einblicke in Gärten und Bootshäuschen entschädigen.

Und schließlich hat man ja auch noch Wichtigeres zu tun als sich zu ärgern, Leute gucken nämlich: Radler, Rollerblader, Surfer, Spaziergänger, Dauercamper, Wirtshausbesucher, Sonnenhungrige und Frischluftfanatiker. Die meisten der Ausflügler sind Wiederholungstäter, nur 30 Autominuten auf der Garmischer Autobahn trennen die Ambach-Aficionados von München.

Fest in der Hand von Eigentümern

Wer indes am Zaun rüttelt und "Ich will da rein" ruft, sieht sich mit Schwierigkeiten konfrontiert. Denn die Idee, nach Ambach zu ziehen, hatten schon viele, ihre Verwirklichung aber ist eine Gedulds-, eine Zeit- und nicht zuletzt eine Preisfrage. Geduld braucht der Interessent, denn auf dem freien Markt ist, so Carlheinz Bartsch von Bartsch Immobilien in Wolfratshausen, "grundsätzlich wenig im Angebot". Denn Ambach, das zur Großgemeinde Münsing zählt, ist fest in der Hand von Eigentümern, und die wohnen dort lieber selbst als zu vermieten.

Man müsste sich schon als Kindermädchen oder Gärtner arbeiten, um in den Genuss einer kleinen Einliegerwohnung zu kommen, über die viele der Villen verfügen, erzählt Bartsch. "Es kommt ab und zu mal vor, dass Erben etwas veräußern", so Bartsch - aber wer will darauf schon warten? Auch Neubaugebiete, so ist bei der Gemeinde Münsing zu erfahren, sind leider nicht ausgewiesen im 450-Seelen-Dorf, in dem es nur einen Tante-Emma-Laden gibt. Die nächsten Schulen, Kindergärten, Discounter, Ärzte, Behörden sind in Münsing oder in Wolfratshausen.

Ausflügler-Lokal und Einheimischen-Stammtisch

Aber der See, "der zieht die Leute", sagt Anita Naß vom Einwohnermeldeamt in Münsing, und auch der "Fischmeister", das Wirtshaus am Dampfersteg, in dem schon fast rituell jeder Ausflug nach Ambach endet. Obwohl, wie wir von Anita Naß als Einheimischer erfahren, dort eher die Münchner und die Schickimicki-Leute einkehren. Die Alteingesessenen gehen ins "Landhotel Huber", dort gibt es einen noch Stammtisch. Rein vernunftmäßig spricht also wenig für einen Umzug nach Ambach, und doch kann man diesem Ort verfallen, der weder S-Bahn-Anbindung noch Einkaufsmöglichkeiten bietet. Der bestenfalls für kinderlose Freiberufler, Pensionäre und Menschen mit Hauspersonal geeignet ist.

Aber die alten Bäume am Ufer, das Spiel des Sonnenlichts auf dem Wasser, der Fischer als Nachbar, bei dem man sich mal schnell frische Renken holen kann, all das ist wie ein Versprechen von heiler Welt. Und jedesmal aufs Neue versetzt es den Träumer für kurze Zeit in eine euphorische Was-wäre-wenn-Stimmung, um sich anschließend wieder klaglos in die Rolle des geduldeten Zaungasts zu fügen.

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