Wohnen im Kunstwerk:"Ein Ausblick, den sonst nur Kapitäne genießen"

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Der Düsseldorfer Medienhafen präsentiert sich als Dienstleistungsstandort und zugleich als Szeneviertel.

Von Hans-Willy Bein

Hafenarbeiter gesucht! Stilecht wirbt das Café Lido um neue ,,Mitarbeiter für Küche und Service''. Mitten auf der Fußgängerbrücke mit weiter Auslage über einem Becken des früheren Düsseldorfer Hafens bietet das edle Bistro seinen Gästen einen ,,Ausblick, den sonst nur Kapitäne'' genießen.

Die schrägen Bauten des Stararchitekten Frank O. Gehry mit ihrer Metallaußenhaut sind zu einem Wahrzeichen des Düsseldorfer Medienhafens geworden. (Foto: Foto: dpa)

Das Lido ist eines der 50 Restaurants, Bistros, Kneipen und anderen gastronomischen Betriebe, die den in Medienhafen umbenannten Handelshafen weit über einen Büro- und Dienstleistungsstandort hinaus zu einem lebhaften Szeneviertel machen.

Zum Merkmal des Viertels am Südwestrand der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt gehört Architektur der Spitzenklasse. So sind die schrägen Bauten des Stararchitekten Frank O. Gehry mit ihrer Metallaußenhaut ebenso wie das Bürohaus Stadttor zu einem Wahrzeichen geworden.

Wie selbstverständlich wechseln sich hier futuristische Neubauten aus Glas und Stahl mit denkmalgeschützten Fassaden ehemaliger Speicher oder der ,,Alten Mälzerei'' ab. Und dann sind da noch die bunten Figuren der Stuttgarter Künstlerin Rosalie, die sogenannten Flossies. Sie tun es das ganze Jahr über den übergroßen Nikoläusen der Weihnachtszeit gleich und klettern die Fassade des städtischen Gründerzentrums hinauf und hinunter.

Woh nungen, die man mit dem Boot erreichen kann

460 Unternehmen hat es inzwischen auf das Areal gut einen Kilometer rheinaufwärts der Düsseldorfer Altstadt verschlagen. Allein in den vergangenen drei Jahren registrierte die Stadt in ihrer Branchenstudie 120 neue Mietabschlüsse. Etwa 6000 Menschen arbeiten hier, ein Drittel für Medien und in der Werbebranche, und so wurde aus dem alten Handelshafen der Medienhafen.

Hier wird aber nicht nur gearbeitet. Die mehr als 50 Gastronomiebetriebe, ein Multiplexkino und Discos machen das Flair des Viertels aus. Von einer Bürostadt kann längst keine Rede mehr sein. In der zweiten Jahreshälfte will die Frankonia-Gruppe für geschätzte 80 Millionen Euro die beiden ersten Wohnhäuser mit 110 bis 130 Wohnungen im Medienhafen hochziehen. Der Bauherr verspricht ,,exklusive Wohnungen'', die die Mieter auf Wunsch auch mit dem Boot erreichen können.

Die beiden Königskinder, wie die Hochhäuser genannt werden, stehen direkt am Hafenbecken. Auf die Dächer sollen jeweils neun Meter hohe Skulpturen, eben die Königskinder. Sie wurden von Markus Lüpertz entworfen, dem Direktor der Düsseldorfer Kunstakademie. ,,Wohnen in einem Kunstwerk'' ist der Leitgedanke des Konzeptes für die Wohntürme.

Nach ihrem 20-geschossigen Bürogebäude - ,,Sign'' -, mit dessen Bau in Kürze begonnen und das das höchste Gebäude im Medienhafen werden soll, investiert die Frankonia wegen des wachsenden Bedarfs an Wohnungen in die Königskinder. ,,Es gibt bisher kein größeres Wohnprojekt im Medienhafen'', sagt Frankonia-Sprecherin Anja Sturm. ,,Am Wasser lässt sich aber nicht nur gut arbeiten, sondern auch gut leben.''

,,Der Hafen ist ein kluger Mix'', sagt Marcel Abel von der Düsseldorfer Niederlassungsleitung der Immobiliengruppe Jones Lang LaSalle. Er spricht von einer ,,differenzierten guten Mieterklientel'' in den Büros. Dazu kämen das Dienstleistungsangebot, ein breites Spektrum an Gastronomie und die besondere Architektur. In dieser Mischung sieht Abel das Erfolgsrezept für den Medienhafen. Unter den verschiedenen Standorten der Region Düsseldorf ,,spielt die Musik eindeutig im Hafen'', sagt er.

Leerstände nicht höher als an anderen Standorten auch

Düsseldorfs Planungsdezernent Gregor Bonin nennt die attraktive Mischung aus Wohnen und Arbeiten am Wasser sowie den gelungenen Übergang zu anderen Stadtteilen als zusätzliche Erfolgsfaktoren. Norbert Walter-Borjans, Wirtschaftsdezernent im nahen Köln, zeigt sich durchaus beeindruckt davon, wie zügig neue Unternehmen im Medienhafen angesiedelt werden konnten. Allerdings ist die Bebauung aus seiner Sicht inzwischen teilweise so dicht, dass die architektonischen Glanzlichter nicht mehr zur Geltung kämen.

Durch den Bauboom stünden auch Büroräume leer. Aber wo die Nachbarn Lob verdient hätten, müsse man sie auch mal loben können, sagt er. Immobilienexperte Abel begründet diese Leerstände mit Veränderungen der Marktlage, also konjunkturellen Schwankungen. Investoren hätten zum falschen Zeitpunkt investiert. Die Leerstände seien jedenfalls nicht durch die Lage bedingt und nicht höher als an anderen Standorten auch.

Mehr als eine Milliarde Euro wurden nach Hochrechnungen von Planungsdezernent Bonin seit 1990 im Medienhafen investiert. Für die Vermarktung der Flächen ist die Stadt Düsseldorf neue Wege gegangen. Ein externer Koordinator kümmerte sich um die Abwicklung der Bau- und Sanierungsvorhaben.

© SZ vom 20. 4. 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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