Werbung am Telefon:Ein verhängnisvolles "Ja"

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Die Gauner machen weiter: Der Bundesrat hat die Rechte der Verbraucher gegenüber Telefonwerbern gestärkt - doch die Gefahr ist nicht gebannt.

Marco Völklein

Die Gauner rufen mitten in der Nacht an. Dann versuchen sie, den Angerufenen Gewinnspiele aufzuschwatzen, die Mitgliedschaft in einer Lottogemeinschaft oder - besonders dreist - in einer Werbeschutzgemeinschaft, die Schutz bieten soll vor genau diesen unerwünschten Anrufen.

"Es sind immer wieder Wellen festzustellen, in denen Callcenter versuchen, den Leuten regelrechten Müll anzudrehen" (Foto: Foto: ddp)

"Es sind immer wieder Wellen festzustellen, in denen Callcenter versuchen, den Leuten regelrechten Müll anzudrehen", sagt Carmen Gahmig, Juristin bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Vor kurzem hat der Bundesrat zwar den Schutz der Verbraucher verschärft - entspannt zurücklehnen können sich die Konsumenten deswegen aber nicht.

Einfache Falle

"Der Verbraucher muss auch weiterhin auf der Hut sein und notfalls reagieren, wenn er von einem Anrufer in ein Gespräch verwickelt und ihm dabei ein Vertrag untergeschoben wird", sagt Rechtsexpertin Gahmig. Die Gauner gehen oft so vor: Sie rufen bei einem Verbraucher an und verwickeln ihn in ein Gespräch, zum Beispiel über Lotto.

Während des Gesprächs fragt der Anrufer eher nebenbei, ob der Angerufene nicht Interesse habe, seine Gewinnchancen zu erhöhen. Antwortet der Verbraucher mit "Ja", schnappt die Falle zu: Wenige Tage später erhält er ein Schreiben einer Lottogemeinschaft: "Schön, dass wir Sie als neues Mitglied begrüßen dürfen."

Was vielen Verbrauchern nicht klar ist: Mit dem schlichten "Ja" am Telefon hat der Angerufene einen Vertrag geschlossen. "Nun muss der Verbraucher reagieren", sagt Gahmig. Er muss sich hinsetzen, einen Brief an die Lottogemeinschaft schreiben und seine Mitgliedschaft widerrufen. Andernfalls wird der Vertrag gültig und der Verbraucher muss die geforderten Mitgliedsbeiträge zahlen. Ähnlich agieren die Betreiber der dubiosen Werbeschutzgemeinschaften. Vor eineinhalb Jahren kostete die "Mitgliedschaft" in einem solch anrüchigen Club noch 39 Euro pro Jahr, "mittlerweile verlangen die Anbieter bis zu 89 Euro", erzählt Gahmig.

Strafen erhöht

Nun hat der Gesetzgeber zwar den Schutz verbessert. So wurden die Strafen für unerwünschte Werbeanrufe auf bis zu 50.000 Euro erhöht; zudem dürfen die anrufenden Firmen bei Werbetelefonaten ihre Rufnummer nicht mehr unterdrücken, sonst drohen 10000 Euro Geldbuße. Telefonisch geschlossene Verträge können Verbraucher künftig innerhalb von zwei Wochen widerrufen, bei unerlaubten Werbeanrufen innerhalb eines Monats. Die Frist beginnt, wenn der Verbraucher schriftlich über sein Widerrufsrecht belehrt wurde.

Doch das alles hilft nichts, wenn der Angerufene nicht reagiert. "Es kommt in unserer täglichen Beratungspraxis oft vor, dass die Verbraucher gar nicht verstehen, was da eigentlich vor sich geht", sagt Gahmig. Behauptet ein Anbieter auch nur, ein Vertrag sei mündlich geschlossen worden, muss sich der Verbraucher die Mühe machen und widerrufen - auch wenn er sich noch so sicher ist, "nie und nimmer" am Telefon auf eine Fangfrage mit "Ja" geantwortet zu haben.

Viele Callcenter haben sich die Rufnummern der Verbraucher zudem von dubiosen Adresshändlern besorgt, die nicht nur mit Telefonnummern handeln, sondern auch mit Kontodaten. Verbraucher berichten immer wieder davon, dass der Anrufer sie nicht nur mit dem Angebot einer Mitgliedschaft zum Beispiel in einer Tippgemeinschaft konfrontiert hat; nein, er bot auch gleich noch an, den Betrag "ganz bequem" vom Konto abzubuchen.

In vielen Fällen geschieht dies auch. Brigitte Sievering-Wiechers von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg rät daher den Konsumenten, die eigenen Kontoauszüge stets zu kontrollieren: "Wer unerlaubte Abbuchungen feststellt, sollte sich umgehend an seine Bank wenden und das Geld zurückbuchen lassen." In der Regel sei das problemlos innerhalb von sechs Wochen möglich.

© SZ vom 06.06.2009/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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