Weltbank-Führung:Keine Amerikaner an die Spitze

Lesezeit: 2 min

Aufgrund offener Rechnungen wurde Paul Wolfowitz aus dem Amt gejagt. Nun braucht die Weltbank einen Neuanfang. Es wäre falsch, dabei die alte Machtverteilung zwischen Amerika und Europa unverändert zu lassen.

Nikolaus Piper

Paul Wolfowitz hat in der Weltbank tiefe Bitterkeit hinterlassen, und niemand sollte erwarten, dass diese schnell verschwindet. Mit Wolfowitz wird ein enger Vertrauter von Präsident Bush regelrecht aus dem Amt gejagt, und zwar auf Betreiben der Europäer - offiziell, weil er seiner Freundin zu einer Gehaltserhöhung verholfen hatte, tatsächlich jedoch wegen seiner Amtsführung und des Irakkrieges, dessen Architekt er war.

Die Chance für einen versöhnlichen Abgang hatte sich Wolfowitz selbst verbaut, als er mit legalistischen Argumenten um seinen Job kämpfte. Das zeugte von Misstrauen gegenüber der Bank und der Mehrheit ihrer Mitgliedsstaaten und nährte wiederum deren Misstrauen.

Die Bank braucht einen Neuanfang. Das fängt an der Spitze an: Wenn die vergangenen Wochen eines gezeigt haben, dann dies: Die alte Machtverteilung - ein Amerikaner muss die Weltbank führen, ein Europäer den Internationalen Währungsfonds - passt nicht mehr in die Zeit.

Weltbank und IWF werden nur über politische Legitimität verfügen, wenn Brasilien, Indien, China und andere junge Wirtschaftsmächte mehr Einfluss bekommen. Daher wäre es das Beste, der nächste Weltbankchef wäre kein Amerikaner, sondern käme aus einem Schwellen- oder Entwicklungsland. Dazu müssten die Europäer ihrerseits auf ihren Machtanspruch beim IWF verzichten.

Das Geschäftsmodell ist obsolet

Die Verantwortung der Europäer und besonders der Deutschen geht aber weiter. Sie haben Wolfowitz faktisch abgesetzt und müssen jetzt Reformvorschläge auf den Tisch legen. Bisher sah die Weltbank ihren Sinn vor allem darin, mehr oder weniger gut geprüfte Projekte in der Dritten Welt zu finanzieren.

Dieses Geschäftsmodell ist obsolet. Die Entwicklungsländer bekommen reichlich Geld auch ohne die Weltbank, die ärmsten Länder brauchen mehr praktische Hilfe und weniger Kredite. Die bisherige Politik der Weltbank, besonders in Afrika, waren ohnehin erschreckend erfolglos.

Die Bank muss sich wandeln - von einer Institution, die Staudämme und Straßen finanziert, hin zu einer effizienten Organisation zur Armutsbekämpfung. Dies wird auch von den Mitarbeitern der Bank, die sich so vehement gegen ihren Präsidenten wehrten, einiges Umdenken erfordern.

Zur Besinnung kommen

Die Tragik von Wolfowitz liegt darin, dass viele seiner Ziele - der Kampf gegen die Korruption, die Hilfe für Afrika - richtig waren, dass er sie aber mit den falschen Mitteln verfolgte.

Jetzt muss sich zeigen, ob die Industrieländer den Willen haben, eine multilaterale Entwicklungs-Organisation zu tragen, die unabhängig von nationalen Interessen agiert. Konservative Kommentatoren in Amerika lehnen die Idee des Multilateralismus mindestens so heftig ab wie deutsche Globalisierungsgegner.

Im besten Falle bringt die Krise um Wolfowitz Europäer und Amerikaner jetzt zur Besinnung und sie erkennen, dass es wichtiger ist, eine reformierte Weltbank und einen funktionierenden IWF zu haben, als deren Chefs zu stellen.

© SZ vom 18.05.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: