US-Bank Wachovia:Neuer Chef, neue Verluste

Lesezeit: 2 min

Ex-Finanzstaatssekretär Robert Steel soll die viertgrößte US-Bank Wachovia führen - die wegen der Finanzkrise Verluste von bis zu 2,8 Milliarden Dollar befürchtet.

Nach wochenlanger intensiver Suche hat die viertgrößte US-Bank Wachovia einen neuen Konzernchef benannt. An der Spitze des Instituts stehe fortan Robert Steel, teilte Wachovia am Mittwoch nach US-Börsenschluss mit und bestätigte damit entsprechende Medienberichte.

Nachfolger von Wachovia-Chef Ken Thompson: Der ehemalige Finanzstaatssekretär Robert Steel. (Foto: Foto: Reuters)

Überraschende Milliardenverluste

Der Staatssekretär im Finanzministerium in Washington hatte seinen Rücktritt erklärt, um den Vorstandsvorsitz von Wachovia zu übernehmen. Steel ist Nachfolger von Ken Thompson, der vom Verwaltungsrat entlassen wurde. Thompson hatte 2006 die Hypothekenbank Golden West übernommen, was Wachovia jetzt tief in den Strudel der Immobilienkrise gerissen hat.

Zugleich kündigte das Unternehmen für das zweite Geschäftsquartal - unter anderem wegen der Finanz- und Hypothekenkrise - überraschend hohe Verluste an. Die Finanzmarktkrise hat die US-Bank mit voller Wucht getroffen. Das Geldhaus rechnet wegen Milliardenabschreibungen und einer höheren Risikovorsorge für faule Kredite mit einem Verlust von bis zu 2,8 Milliarden Dollar - das ist deutlich mehr als von Analysten erwartet.

An Europas Börsen brachte das die Angst vor einer neuen Schockwelle in Folge der Finanzkrise zurück. Sämtliche Bankaktien verloren teils stark an Wert, in Deutschland stand besonders die Deutsche Bank unter Druck.

Die Belastungen im zweiten Quartal führte Wachovia vor allem auf Wertberichtigungen von 1,3 Milliarden Dollar zurück. Hinzu kämen eine auf 4,2 Milliarden Dollar gestiegene Risikovorsorge sowie Abschreibungen auf den Firmenwert der auf Baufinanzierungen spezialisierten Tochter Golden West, die Wachovia 2006 für gut 24 Milliarden Dollar übernommen hatte. Schon im ersten Quartal hatte Wachovia einen Verlust verbucht, damals noch in dreistelliger Millionenhöhe.

"Die alte Angst vor Liquiditätsengpässen kommt wieder hoch. Das ist noch nicht durch und die Lage bleibt kritisch", sagte ein Frankfurter Händler. "Niemand weiß, welche Risiken noch bei den deutschen Banken schlummern", sagte ein anderer. Die Deutsche Bank hatte kürzlich angekündigt, im zweiten Quartal einen Gewinn geschrieben zu haben. Details zum Geschäftsverlauf will sie Ende Juli veröffentlichen.

Nach einer Reihe von Abschreibungen und Fehlentscheidungen hatte sich Wachovia Anfang Juni mit sofortiger Wirkung vom damaligen Vorstandschef Ken Thompson getrennt. Mit der Suche nach einem Nachfolger wurde Interimschef Lanty Smith beauftragt.

Der 56-jährige Steel, auf den die Wahl nun gefallen ist, galt als Favorit. Er war zuletzt im US-Finanzministerium tätig und hatte zuvor bei der Investmentbank Goldman Sachs gearbeitet. In einer kurzen Erklärung von Smith hieß es, Steel sei die richtige Person, um Wachovia durch das aktuelle Marktumfeld zu steuern - "als starkes und unabhängiges" Unternehmen.

Aktien legen zu

Wachovia-Aktien reagierten auf die Personalentscheidung nachbörslich mit einem Plus von gut drei Prozent auf 14,75 Dollar. Zuvor hatten sie inmitten eines allgemeinen Ausverkaufs der Finanzwerte deutlich im Minus geschlossen; im bisherigen Jahresverlauf haben die Papiere gar 63 Prozent an Wert verloren.

Der in Aussicht gestellte milliardenschwere Quartalsverlust bedeutet nach Unternehmensangaben pro Aktie ein Minus von 1,23 bis 1,33 Dollar, eine geplante Goodwill-Abschreibung noch nicht eingerechnet. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Analysten hatten dagegen im Schnitt ursprünglich mit einem Gewinn von 19 Cent je Aktie gerechnet, obgleich zuletzt ein Verlust nicht mehr gänzlich ausgeschlossen wurde.

Experten zeigten sich nun zunächst relativ gelassen. "Zumindest weiß der Markt jetzt, wie groß die Verluste sein werden", meinte etwa James Ellman vom Hedgefonds Seacliff Capital. "Überhaupt eine Zahl zu haben ist besser, als gar keine Zahl zu haben." Schon im ersten Quartal hatte Wachovia einen Verlust verbucht, damals noch in dreistelliger Millionenhöhe.

© sueddeutsche.de/AP/Reuters/jkr/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: