Umfrage:Mehrheit für Abschaffung des "Soli"

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Bürger und Industrie sind dagegen, nun kommt auch Bewegung in die Politik: Vetreter von SPD und Union schließen eine Senkung oder gar Abschaffung des Solidaritätszuschlags nicht mehr aus.

Knapp drei Viertel der West- und knapp die Hälfte der Ostdeutschen sind einer Meinungsumfrage zufolge für die rasche Abschaffung des Solidaritätszuschlags. 72 Prozent der Westdeutschen, aber auch 47 Prozent der Ostdeutschen sind dieser Auffassung, wie eine Umfrage des Berliner Forsa-Instituts im Auftrag von Bild am Sonntag ergab. Damit seien insgesamt 67 Prozent der Bundesbürger dafür, den Zuschlag so bald wie möglich abzuschaffen. Von den Arbeitern hätten sich 89 Prozent für die Abschaffung ausgesprochen, von den Angestellten und Selbständigen je 74 Prozent und von den Beamten 46 Prozent, heißt es weiter.

Jetzt fordern Unionspolitiker und Industrievertreter eine Kürzung oder sogar die Abschaffung dieser Abgabe.

Unionfraktionschef Volker Kauder hat eine Prüfung des Solidaritätszuschlags angekündigt. "Je nach Ergebnis der Prüfung muss es gegebenenfalls eine Korrektur geben", sagte der CDU-Politiker der Bild-Zeitung. Gleichzeitig betonte Kauder aber auch: "Der Aufbau Ost muss weitergehen."

Mit Fraktionsvize Joachim Poß zeigte nun auch ein führender SPD-Politiker Bereitschaft zu einer Soli-Senkung: "Bevor wir allgemein die Einkommenssteuer senken, sollten wir den Soli stark kürzen oder ganz auf ihn verzichten", sagte Poß der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Wenn die positive Entwicklung bei den Steuereinnahmen anhalte, werde sich die Frage nach dem Soli stellen: "Das Jahr 2012 könnte ein solcher Zeitpunkt sein", sagte Poß.

Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Jürgen Thumann, sagte: "Nicht der Aufbau Ost gehört abgeschafft, wohl aber der Soli, weil er zu einem großen Teil für das Stopfen von Haushaltslöchern verwendet wird." CSU-Finanzexperte Hans Michelbach sekundierte: "Eine Absenkung des Solis wäre jetzt angebracht. Das käme auch der Kaufkraft zugute."

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung (MIT), Josef Schlarmann, sagte der Bild-Zeitung (Samstag): "Der Soli hat nicht den Zweck, den Bundeshaushalt zu sanieren. Deshalb fordert die MIT die unverzügliche Absenkung des Soli, soweit er die Solidarpaktmittel für die neuen Bundesländer übersteigt." Zudem sollte der Zuschlag zur Lohn- und Einkommensteuer jährlich um 0,5 Prozentpunkte sinken.

Die FDP erneuerte ihre Forderung nach Steuersenkungen. Dann sinke die Belastung durch den Soli automatisch, erklärte der FDP-Finanzpolitiker Hermann Otto Solms. Der SPD-Wirtschaftsexperte Rainer Wend nannte die Diskussion leichtfertig.

Widerspruch aus dem Finanzministerium

Der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Torsten Albig, sagte, es gebe "im Moment keinen Bedarf an einer Steuersenkung". Deutschland habe 1500 Milliarden Euro Schulden.

Die Debatte losgetreten hatte der Bund der Steuerzahler mit Berechnungen, zwischen 2005 und 2019 lägen die Soli-Einnahmen voraussichtlich 32 Milliarden Euro über den Ausgaben für den Solidarpakt II. Das Ministerium erklärte daraufhin, der Soli finanziere nicht den Solidarpakt II, sondern in Ostdeutschland zusätzliche Aufgaben wie Infrastruktur und Sozialzuschüsse. Dies sei weiter notwendig.

Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) bezeichnete die Debatte bereits am Samstag als unseriös. Der Zwist sei allenfalls geeignet, "eine Neiddiskussion zwischen Ost und West neu zu entfachen", sagte der CDU-Politiker der Sächsischen Zeitung.

Die Sprecherin der ostdeutschen SPD-Bundestagsabgeordneten Iris Gleicke betonte wiederum: "Das ist nicht nur Volksverdummung, sondern übelste Demagogie auf Kosten der Ostdeutschen." Die Forderung nach Abschaffung des Zuschlages sei fehl am Platze und schade dem innerdeutschen Zusammenhalt. "Sie bringt uns schlimmstenfalls eine neue Debatte um die Ostförderung, und die können wir genau so gut gebrauchen wie die Beulenpest."

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