Übernahme Dresdner Bank:Entscheidung über die Postbank naht

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Die Verhandlungen über einen Verkauf der Postbank sind weit gediehen: Doch die Post ist offenbar mit den angebotenen Kaufpreisen noch nicht zufrieden.

Martin Hesse und Caspar Dohmen

Nach dem Verkauf der Dresdner Bank an die Commerzbank rechnen Beobachter damit, dass die Deutsche Post rasch über die Zukunft ihrer Bank-Tochter entscheidet. In Finanzkreisen hieß es am Dienstag, die Verhandlungen mit Interessenten seien weit gediehen.

(Foto: Foto: dpa)

Dennoch gilt es als wahrscheinlich, dass Postchef Frank Appel sich vorerst gegen einen Verkauf der Postbank entscheidet. "Die Frage ist, ob Appel zu den Preisen verkaufen will, die von den Interessenten aufgerufen werden", sagte ein Investmentbanker.

An der Börse halten Anleger bereits seit Juli einen Verkauf der Postbank zunehmend für unwahrscheinlich. Seitdem ist der Kurs um fast ein Fünftel auf knapp 45 Euro gefallen. Im Frühjahr hatte es noch geheißen, die Post hoffe bei einem Verkauf bis zu zehn Milliarden Euro zu erlösen, was einem Kurs von mehr als 60 Euro entspricht.

Chinesen als Lockvogel

Grundsätzlich habe sich die Situation für die Post, die 50 Prozent plus eine Aktie an der Postbank hält, durch die Übernahme der Dresdner Bank nicht geändert, heißt es in Bankenkreisen weiter. Commerzbank und China Development Bank, die bei der Dresdner Bank am Ende im Rennen waren, gehörten ohnehin nicht zu den Instituten, mit denen die Post zuletzt über ihre Tochter verhandelt hatte. Und Commerzbank-Chef Blessing hatte erklärt, er werde sich in den kommenden Monaten definitiv nicht mit weiteren Übernahmen befassen.

Auch das Interesse der Deutschen Bank an der Postbank war zuletzt eher kühl. Die Preisvorstellungen des größten deutschen Kreditinstituts und der Post gingen zu weit auseinander, hieß es. Deshalb gilt eine ausländische Bank derzeit als wahrscheinlichster Käufer, sollte sich Postchef Appel doch noch zum Verkauf entschließen.

Genannt wurden in der Vergangenheit die Namen Lloyds TSB, BNP Paribas und Santander. Santander hatte auch ernsthaftes Interesse an der Dresdner Bank gezeigt. Die Spanier sollen sich jedoch verschnupft zurückgezogen haben, weil die Allianz sehr früh auf eine deutsche Lösung gesetzt habe.

Es habe weder am Preis gelegen noch an mangelnder Bereitschaft Santanders, auch die Investmentbank Dresdner Kleinwort zu übernehmen, erfuhr die Süddeutsche Zeitung aus Finanzkreisen. Vielmehr hätten sich die Spanier nicht wie die Chinesen als Lockvogel für die Commerzbank missbrauchen lassen wollen. Ob Santander stattdessen verstärkt um die Postbank buhlt, ist offen.

Ob die Post überhaupt verkauft, liegt neben Postchef Appel vor allem an seinem Finanzvorstand John Allan. Er gilt als versierter Experte für Fusionen und Übernahmen; es heißt, Appel folge ihm in der Postbank-Frage weitgehend. Allan wiederum habe institutionelle Investoren bereits darauf vorbereitet, dass der Verkauf der Bank verschoben werde.

"Nicht erpressbar"

"Die Post hat sich im Gegensatz zur Allianz nicht erpressbar gemacht", ist in Frankfurt zu hören. Der Versicherungskonzern habe keine andere Wahl mehr gehabt, als die Dresdner Bank zu verkaufen, seit er im Frühjahr angekündigt hatte, alle Optionen zu prüfen. Dagegen könne Appel darauf verweisen, dass sein Vorgänger Klaus Zumwinkel das Thema Postbank-Verkauf auf die Agenda gesetzt habe. Appel selbst hatte sich nie auf einen Verkauf festgelegt.

Allerdings sieht die Post ihre Zukunft im Ausbau der weltweiten Logistik und nicht im Bankgeschäft. Bläst die Post den Verkauf ab, müsste sie trotzdem wohl oder übel eine Mittelfriststrategie für die Bank entwerfen und investieren, heißt es in Postkreisen. Das Kapital dafür ist vorhanden.

Es gilt als wahrscheinlich, dass bei der regulären Post-Aufsichtsratssitzung am 12. September eine Entscheidung fällt. Am 18. und 19. September findet eine Führungskräftetagung der Post statt.

Bis dahin werde spätestens die Entscheidung fallen, ist zu hören. Die Bundesregierung als größter Aktionär übt dem Vernehmen nach keinen Druck auf Appel aus. Politiker hatten in den vergangenen Jahren die Postbank häufig benannt, wenn es um die Bereinigung des Bankenmarktes ging.

So könnte der Verkauf der Dresdner Bank noch für eine ganze Weile der einzige große Schritt zur Neuordnung der deutschen Bankenlandschaft bleiben. Zwar verhandeln die Spitzeninstitute der Genossenschaftsbanken DZ Bank und WGZ Bank über einen Zusammenschluss.

Ein Ergebnis wird jedoch erst im kommenden Jahr erwartet. Weitere große Privatbanken sind nicht im Angebot nach dem Verkauf der IKB an den Finanzinvestor Lone Star und der Veräußerung der deutschen Citibank an die französische Genossenschaftsbank Crédit Mutuel. Als Nächstes könnte Bewegung in den öffentlichen Sektor kommen: Seit Land und Sparkassen die WestLB mit Milliarden-Garantien stützten, um die Folgen der Kreditkrise zu mildern, drängt die EU darauf, dass die bisherigen Eigentümer ihre Mehrheit abgeben.

Das Land Nordrhein-Westfalen hat signalisiert, seinen Anteil verkaufen zu wollen. Doch andere Landesbanken und private Käufer zeigen bislang wenig Interesse. Beobachter rechnen damit, dass Bieter erst aus der Deckung kommen, wenn der Druck auf das Land steigt, die angeschlagene Bank auch zu einem sehr niedrigen Preis abzugeben. Nach der Landtagswahl in Bayern im Herbst dürfte sich zudem die Regierung in München wieder intensiver mit der Zukunft ihrer Landesbank befassen.

© SZ vom 3.9.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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