The Children's Investment Fund:Robin Hood in der Klemme

Der Investor Christopher Hohn, der einst die Deutsche Börse arg in Bedrängnis brachte, verliert im Juni eine Milliarde Euro.

Andreas Oldag

Christopher Hohn, das Wunderkind der Londoner Finanzszene, muss sich mit schlechten Nachrichten herumschlagen. Seine Anlagegesellschaft mit dem putzigen Namen The Children's Investment Fund (TCI) habe im Juni eine Milliarde Dollar an Wert verloren, raunen Finanzanalysten an der Themse: Hohn habe sich im Frühsommer kräftig verspekuliert, als Anlagen infolge des Börseneinbruchs billig schienen und dann entgegen seiner Prognose noch billiger wurden.

TCI, lange ein Synonym für immerwährenden Erfolg, ist ein Opfer der Finanzkrise geworden. Hohns Kinder-Fonds spendet jährlich mindestens 0,5 Prozent des Anlagevermögens an die von seiner Ehefrau Jamie geleitete Organisation "Children's Investment Fund Foundation" (CIFF).

Damit hat sich der 41-jährige Finanzspekulant ein Renommee als eine Art Robin Hood verschafft. Der "ruchlose Philanthrop", wie ihn die britische Zeitung Times einmal nannte, griff die Deutsche Börse AG ebenso an wie die niederländische Großbank ABN Amro. Das Institut ist inzwischen von einem Konsortium unter Führung der Royal Bank of Scotland übernommen worden.

Einfache Taktik

Die Taktik Hohns ist immer die gleiche: Als rebellischer Investor setzt er die Vorstände unter Druck, um Strategieänderungen zu erzwingen. Bislang zahlten sich Hohns Beteiligungen aus, die Aktienkurse der von ihm angegriffenen Unternehmen stiegen kräftig.

Doch seit kurzem scheint Hohn das Glück zu verlassen: Auf hartnäckigen Widerstand trifft der Investor bei der US-Eisenbahngesellschaft CSX, an der TCI mit 16 Prozent beteiligt ist. Der Fall schlägt Wellen bis in den US-Kongress. Abgeordnete wollen verhindern, dass Hohns Aktivitäten zu einer Zerschlagung der Firma führen. Gerichte müssen entscheiden.

Eine Abfuhr hat sich Hohn auch beim japanischen Stromversorger Electric Power Development (J-Power) geholt. TCI ist an dem Unternehmen mit knapp zehn Prozent beteiligt, doch die Forderungen Hohns nach Änderungen im Management und der Auszahlung einer höheren Dividende blieben ungehört. Japans Regierung will den Angreifer aus London nun stoppen.

Die Niederlagen treffen Hohn nach einer unglaublichen Erfolgsgeschichte. Er wurde als Sohn eines mittellosen Automechanikers in Jamaica geboren. Die Familie wanderte in den 60er Jahren nach Großbritannien aus und ließ sich in der Grafschaft Sussex nieder. Chris sei schon in der Schule einer der Ehrgeizigsten gewesen, berichten Freunde.

Nach dem Studium an der Universität Southampton ergatterte Hohn ein Stipendium an der berühmten Harvard Business School in den USA. Dann ging er in die Finanzbranche, wo er rasch Kontakt zum US-Investor Richard Perry suchte. Bei ihm lernte Hohn die Tricks und Kniffe des Geschäfts. 2003 gründete er in London seinen eigenen Fonds, der Ende des vergangenen Jahres ein Anlagevolumen von zehn Milliarden Dollar hatte.

Seit dem Frühjahr geht es vorerst abwärts. "Wir haben eine echte Kreditkrise", schrieb er laut Wall Street Journal an seine Mitarbeiter.

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