Tagesgeld:Der Staat als Bank

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Der Bund macht Banken und Sparkassen Konkurrenz und steigt in den hart umkämpften Markt für Tagesgeld von Privatanlegern ein. Kritiker befürchten den Aufbau einer zweiten KfW.

Ab dem 1. Juli bietet die Finanzagentur der Bundesrepublik eine Tagesanleihe an, die täglich ge- und verkauft werden kann. Die Verzinsung richte sich nach dem Euro-Interbankenzinssatz Eonia, teilte die mit dem Schuldenmanagement des Bundes beauftragte Agentur mit. Zurzeit würde die Rendite bei 3,7 Prozent und damit im oberen Bereich der Tagesgeld-Angebote liegen.

(Foto: Foto: ddp)

Die Banken und Sparkassen gaben sich gelassen. Der Privatkundenmarkt sei in dem Bereich bereits hart umkämpft, sagte ein Sprecher des Sparkassen- und Giroverbandes. Letztlich seien die Konditionen für die Kunden entscheidend, sagte ein Sprecher des Bundesverbands deutscher Banken: "Wir sehen uns im Vergleich mit dem Angebot der Tagesanleihe gut aufgestellt." Die Volks- und Raiffeisenbanken kritisierten, die Agentur trete am Markt teils wie ein Kreditinstitut auf, unterliege aber nicht der Aufsicht. Stattdessen nutze sie ihren Sonderstatus aus.

Ohne Kursrisiko

Mit dem Papier baut der Bund ein weiteres Standbein neben dem Geschäft mit Anleihen und Obligationen auf, die vor allem von Großinvestoren gekauft werden. "Die Tagesanleihe vereint die wesentlichen Eigenschaften eines Tagesgeldkontos mit den Vorteilen eines Bundeswertpapiers", sagte der Chef der Finanzagentur, Carl Heinz Daube. Das Ziel sei es, den Anteil von Privatkunden von 1,7 auf drei bis fünf Prozent zu steigern.

Um das zu erreichen, sollen die Bürger mit attraktiven Konditionen überzeugt werden, ihr Geld beim Staat anzulegen. Die Tagesanleihe beinhaltet kein Kursrisiko, ist täglich verfügbar und gebührenfrei. Sie kann bei der Agentur direkt gezeichnet werden. Die Voraussetzung ist die Einrichtung eines Einzelschuldbuchkontos, was online ( www.tagesanleihe.de) erledigt werden kann. Die Verwahrung ist ebenfalls kostenlos.

Die Verzinsung des Wertpapiers orientiert sich am Satz für Ausleihungen unter Banken, Eonia, und ist täglich variabel. Die Gutschrift erfolgt von Tag zu Tag. Der Eonia pendelt um den Leitzins und beträgt derzeit 4,04 Prozent. Liegt er zwischen zwei und sechs Prozent, bekommt der Anleger 0,925 Prozent des Eonia-Satzes gutgeschrieben, aktuell 3,7 Prozent. Steigt der Eonia über sechs Prozent, beträgt der Abschlag 0,45 Punkte, fällt er unter zwei Prozent, sind es nur noch 0,15 Punkte.

Die Mindestanlage beträgt 50 Euro, das Limit für Rückgaben liegt bei einer Million Euro pro Tag. Steuerlich wird die Anleihe wie ein gewöhnliches verzinstes Wertpapier behandelt: Liegt keine ausreichende Freistellung vor, werden auf die Erträge 30 Prozent Kapitalertragsteuer plus Soli fällig.

Skepsis aus der Politik

Mit seinem ersten neuen Produkt für Privatanleger seit fast 30 Jahrenrangiert der Bund im oberen Feld der Vergleichsangebote. Nach einer Übersicht der Stiftung Warentest liegt der effektive Jahreszins bei Tagesgeldkonten bei einer Anlage von 5000 Euro derzeit zwischen 1,26 und sechs Prozent. Stabile Geldmarktfonds haben im vergangenen Jahr im Schnitt rund drei Prozent verdient.

Daube sagte, er glaube nicht, dass der Bund den Banken das Wasser abgrabe: "Aber es gibt sicher das eine oder andere Naserümpfen."

2008 werden Anlagen im Volumen von 1,6 Milliarden Euro angestrebt. Ein Sprecher des Finanzministeriums sagte, man komme dem Bedürfnis nach einer fairen, sicheren und flexiblen Anlage nach, und verbessere die Refinanzierung. Daube rechnet mit rund 40 Millionen Euro Zinsersparnis für den Bund im Jahr.

Vorbehalte gegen das neue Produkt kommen aus der FDP. Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Otto Fricke, sprach von einem "ordnungspolitischen Sündenfall", der den Bankenmarkt schwäche. "Das ist der Beginn des Aufbaus einer zweiten KfW", sagte er mit Blick auf die Förderbank von Bund und Ländern. Auch der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Steffen Kampeter, warf der Agentur vor, sie verwässere die Abgrenzung zum Anleihegeschäft der Sparkassen und Genossenschaftsbanken.

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