SZ-Serie zur Abgeltungsteuer:Krankenkasse, Kirchensteuer, Kursgewinne

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Das Interesse an der neuen Pauschalsteuer für Kapitaleinkünfte ist riesig. Darum beantworten wir in dem letzten Serienbeitrag eine Reihe aktueller Leserfragen.

Daniela Kuhr und Thomas Öchsner

Viele Anleger dürften Ende 2008 noch Aktien kaufen, um vom Bestandsschutz zu profitieren, also der dann noch geltenden Steuerfreiheit auf Kursgewinne. Wie werden sich die Kurse dann verhalten?

Die Banken rechnen fest damit, dass Privatanleger wegen der Abgeltungsteuer ihr Depot erheblich umschichten werden. Hendrik Pelckmann, Leiter des Private Banking bei der HypoVereinsbank, glauben jedoch nicht, dass es hierdurch "zu großen Ausschlägen um den Jahreswechsel 2008/2009 kommen wird".

Nach Ansicht von Pelckmann sprechen dafür drei Gründe: Erstens haben die Privatanleger fast eineinhalb Jahre Zeit, um sich auf die neuen Steuerregelungen einzustellen. Die Bankkunden werden also schon 2008 fleißig umschichten. Zweitens sollte man bedenken, dass 2009 nur in Deutschland die Abgeltungsteuer eingeführt wird. "Die deutschen Aktienmärkte werden deshalb überproportional betroffen sein, allerdings wirken hier institutionelle und ausländische Anleger genauso ausgleichend", sagt Pelckmann.

Drittens werden oft nur bestimmte Papiere ausgetauscht. Der Kunde könnte zum Beispiel von auslaufenden Zertifikaten noch Ende 2008 direkt in Aktien wechseln. "Das hat netto für den Aktienmarkt jedoch wenig Auswirkungen, da das Zertifikat ja auch als Basis Aktien oder Indizes hat", so der HVB-Experte.

Wie wirkt sich die Kirchensteuer auf die Abgeltungsteuer aus?

Jeder kirchensteuerpflichtige Anleger zahlt auf Kapitaleinkünfte zusätzlich je nach Bundesland acht oder neun Prozent Kirchensteuer. Diese Kirchensteuer fällt von 2009 an auch auf die Abgeltungsteuer an. Da mit der Abgeltungsteuer alles abgegolten sein soll, lässt sich diese Kirchensteuer nicht mehr als Sonderausgabe in der Steuererklärung geltend machen.

Um dies auszugleichen, gilt für kirchensteuerpflichtige Steuerzahler deshalb eine verminderte Abgeltungsteuer. Sie beläuft sich auf 24,44 (bei neun Prozent) beziehungsweise 24,50 Prozent (acht) Prozent statt wie im Normalfall 25 Prozent. Beispiel: Ein Anleger hat 2009 zu versteuernde Kapitaleinkünfte in Höhe von 1000 Euro. Bei einem Kirchensteuersatz von neun Prozent zahlt er 244,49 Euro Abgeltungsteuer plus 13,44 Euro Solidaritätszuschlag (5,5 Prozent) plus 22 Euro Kirchensteuer. Von 1000 Euro bleiben somit 720,07 Euro übrig.

Ist der Kursgewinn bei einer Anleihe auch dann steuerpflichtig, wenn der Anleger sie nicht verkauft, sondern am Ende der Laufzeit zu 100 Prozent zurückbezahlt bekommt?

Nach dem neuen Gesetzeswortlaut ist dieser Kursgewinn in Zukunft eindeutig steuerpflichtig - natürlich nur, wenn die Anleihe nach 2008 erworben wurde. Das bedeutet: Kauft jemand im Februar 2009 eine Anleihe zum Kurs von 98 Prozent und zwei Jahre später - zum Ende der Laufzeit - bekommt er 100 Prozent zurück, unterliegt der Kursgewinn der Abgeltungsteuer.

"Bislang wäre dieser Kursgewinn schon allein deshalb steuerfrei gewesen, weil zum Zeitpunkt der Rückzahlung die einjährige Spekulationsfrist abgelaufen war", sagt Johann Seipl, Steuerexperte bei der Münchner Kanzlei Wannemacher & Partner. "Denn nach derzeitigem Recht sind Wertpapiergeschäfte ja nur dann steuerpflichtig, wenn zwischen Erwerb und Veräußerung weniger als ein Jahr liegt."

Wie erfährt die Krankenversicherung bei freiwillig versicherten Rentnern in Zukunft die Höhe der Kapitalerträge?

Während pflichtversicherte Rentner nur auf Renten, Versorgungsbezüge (wie zum Beispiel Betriebsrenten) oder Arbeitseinkommen Krankenkassenbeiträge zahlen, sind bei freiwillig versicherten Rentnern auch Mieteinnahmen und Kapitalerträge beitragspflichtig. Krankenversicherungen verlangen daher häufig den Steuerbescheid, aus dem die Höhe der Kapitaleinkünfte hervorgeht - bislang. Mit der Einführung der Abgeltungsteuer ändert sich das.

"Mitglieder, die Einkünfte aus Kapitalvermögen haben und diese nicht anhand eines Einkommensteuerbescheids nachweisen können, müssen den Kassen andere geeignete Nachweise, wie zum Beispiel Kontoauszüge, zukommen lassen", sagt ein Sprecher der Techniker Krankenkasse in Hamburg. "Das gilt auch, wenn ab 2009 die Höhe der Einkommen aus Kapitalerträgen nicht mehr aus dem Steuerbescheid hervorgehen sollte, da die Abgeltungsteuer erhoben wird."

Zertifikate bleiben steuerfrei, wenn der Anleger die Papiere mindestens ein Jahr gehalten und sie bis zum 30. Juni 2009 verkauft hat. Werden die Kurse von Zertifikaten deshalb im Juni 2008 anziehen, weil das der letzte Kauftermin für Zertifikate mit einjähriger Restlaufzeit ist, um von der alten Steuerfreiheit auf Kursgewinne zu profitieren?

HVB-Experte Pelckmann glaubt nicht, "dass es zu Verzerrungen bei den Kursen kommen kann". Er nennt dafür zwei Gründe: Die Zertifikate unterliegen mathematischen Formeln, deren Kursentwicklung an einen bestimmten Basiswert wie etwa einen Index geknüpft ist.

Außerdem ist auf Grund des sehr intensiven Wettbewerbs der Zertifikateanbieter nicht damit zu rechnen, dass die Preise beziehungsweise Spannen zwischen An- und Verkauf ausgeweitet werden.

© SZ vom 12.09.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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