Stiftungen:Anstoß Lahm

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Der Außenverteidiger der Nationalmannschaft hat 2007 die Philipp-Lahm-Stiftung gegründet, die Kinder unterstützt. Stiftungen liegen bei den Deutschen im Trend - allerdings nicht immer nur aus gemeinnützigen Motiven.

Kristina Läsker

Philipp Lahm ist gut in Form: Bei der Fußball-Europameisterschaft gehört er zu den besten deutschen Spielern. Und, so ließ der Verteidiger zu Beginn der Woche wissen, er wachse langsam in eine Führungsrolle hinein.

Vorbild Philipp Lahm: Der 24-Jährige engagiert sich für die Unterstützung von Kindern in Afrika und Europa. (Foto: Foto: AP)

Dass er Führungsstärke besitzt, hat der Bayern-Spieler schon anderweitig bewiesen. Im Dezember gründete er die Philipp-Lahm-Stiftung, um Kindern in Europa und Afrika zu helfen. "Ich hatte eine super Kindheit und wurde immer gefördert. Ich möchte was zurückgeben", sagt er.

Die Lust am Gemeinnutz

Lahm ist 24 und einer der jüngsten Wohltäter im Land, sein Engagement liegt im Trend. 2007 haben 1134 Deutsche eine gemeinnützige Stiftung errichtet, so viele wie nie zuvor.

Seit der Reform des Gemeinnützigkeitsrechts im Jahr 2000 hat sich die Zahl der Stiftungen fast verdoppelt: Sie kletterte bundesweit von 8700 auf 15.500 Einrichtungen, täglich kommen drei neue Stiftungen hinzu. "Die Gesamtzahl ist nahezu so hoch wie vor dem Zweiten Weltkrieg", sagt der Chef des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, Hans Fleisch.

Der Verband beschwört gar eine neue Lust am Gemeinnutz: Jeder dritte Deutsche sei bereit, die Arbeit von Stiftungen zu unterstützen - und jeder vierte täte das bereits. Das hat der Verband per Umfrage ermittelt.

Früher im Verein, jetzt in der Stiftung

Doch eine derart hohe Bereitschaft zur Wohltätigkeit erstaunt nicht wenige Experten. Vor ein paar Jahren konnte noch nicht mal die Hälfte aller Deutschen spontan den Namen von nur einer einzigen Stiftung aufsagen.

"Ich halte die Zahl für sehr hoch gegriffen", sagt etwa Stiftungsberater Ulrich Brömmling. Die Deutschen hätten ihr zeitliches und finanzielles Engagement zuletzt nicht unbedingt vergrößert, so Brömmling, sie hätten bloß die Form gewechselt: "Vieles, was früher im Verein passiert ist, macht jetzt eine Stiftung."

Das aufgeblühte Engagement basiert womöglich mehr auf Steueranreizen, denn auf mehr Gutmenschentum. 2007 hat der Gesetzgeber die Konditionen für Stifter nachgebessert: Der Höchstbetrag, der bei Gründung einer Stiftungen steuerlich angesetzt werden darf, stieg demnach von 307.000 auf eine Million Euro. Das Gründungsvermögen darf nun zeitlich unbegrenzt vorgetragen und steuerlich berücksichtigt werden. Neu ist, dass dies auch für Zustiftungen in das Vermögen bestehender Stiftungen gilt.

Nicht nur steuerlich für reiche Erben attraktiv

Der Gesetzgeber hat mit den Anreizen auch reiche Erben im Blick: Etwa 50 Milliarden Euro und mehr werden Jahr für Jahr in Deutschland vererbt oder verschenkt, schätzt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Dieses Geld sähe die Regierung nur zu gerne dort, wo neuerdings Not herrscht. Tatsächlich springen immer mehr Stifter dort ein, wo der klamme Staat sich zurückzieht, etwa in der Jugendarbeit oder in der Bildung.

Die Menschen vertrauten immer weniger in den Staat, stattdessen mache sich eine "Wir-können-das-auch-selbst"-Haltung breit, sagt Verbandschef Fleisch. Und so hat die Begeisterung mancher Politiker durchaus einen faden Beigeschmack, etwa wie kürzlich: "Stiftungen entwickeln sich langsam aber sicher zu einer Volksbewegung", frohlockte CDU- Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen.

Stiftungstag in München

Wie angesichts der neuen Stifterfreude auch weniger vermögende Bürger zu Stiftern werden können, etwa, indem sie sich an einer Bürgerstiftung beteiligen, wird ein Thema sein auf dem 64. Deutschen Stiftungstag, der an diesem Mittwoch beginnt. Bis Freitag diskutieren in München etwa 1800 Stifter und Experten bei dem wichtigsten Forum der Branche ihre Trends und Sorgen - und sonnen sich in neuer Popularität.

© SZ vom 25.06.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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