Steuerparadies Liechtenstein:Aufgeweichtes Bankgeheimnis

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Die Trutzburg Liechtenstein verliert ihren Reiz für Steuerflüchtlinge. Das Fürstentum hebt sein Bankgeheimnis teilweise auf - und erhöht damit den Druck auf die Schweiz.

Der Satz ist kryptisch: Liechtenstein akzeptiere die OECD-Standards für Transparenz und Informationsaustausch in Steuerfragen und unterstütze die internationalen Maßnahmen gegen die Nichteinhaltung von Steuergesetzen. So teilte es die Regierung des Fürstentums mit. Hinter diesem Satz verbirgt sich jedoch eine echte Revoulution: Liechtenstein beugt sich dem internationalen Druck - und hebt sein striktes Bankgeheimnis teilweise auf. Damit will das kleine Land sein Image von der unkooperativen Steueroase abstreifen.

Das Fürstentum Liechtenstein beugt sich dem internationalen Druck - und hebt das Bankgeheimnis teilweise auf. (Foto: Foto: AP)

Mit den USA hat das Fürstentum bereits ein Abkommen geschlossen, wonach Informationen in Steuerfragen ausgetauscht werden können. Es tritt 2010 in Kraft. Damit wird deutlich: Das Land wird sich im Kampf gegen die internationale Steuerflucht künftig nicht mehr auf das Bankgeheimnis berufen.

Seit Juni 2000 steht Liechtenstein auf der OECD-Liste der Steueroasen. Auf dieser schwarzen Liste zu finden sind derzeit auch Andorra und Monaco. Schärfster Kritiker des Liechtensteiner Bankgeheimnisses ist Deutschland. Denn viele Deutsche haben versucht, über den Umweg Liechtenstein dem deutschen Fiskus Steuergeld vorzuenthalten. Prominentester Steuersünder war der ehemalige Postchef Klaus Zumwinkel. Dieser wurde im Januar vom Landgericht Bochum wegen Steuerhinterziehung zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt.

Bilaterale Abkommen

Nachdem Liechtenstein mit den USA nun ein Steuerabkommen geschlossen hat, bietet der Zwergstaat dieses Modell auch anderen Ländern an, wie die Informationsstelle des Landes mitteilte. Ziel sei es, Rechtssicherheit und -konformität bei gleichzeitiger Wahrung der Privatsphäre und des Bankgeheimnisses sicherzustellen. In diesem Prozess werde Liechtenstein seine Verantwortung gegenüber den Kunden des Finanzplatzes sowie den berechtigten Steueransprüchen seiner Vertragspartner nachkommen.

"Mit der heutigen Erklärung setzt die liechtensteinische Regierung ein Zeichen, dass sie aktiv am Regulierungsdialog der Finanzzentren teilnimmt, ohne dabei die Identität Liechtensteins und die Vorteile eines zuverlässigen und gut regulierten Kleinstaates preiszugeben", sagte Erbprinz Alois der Mitteilung zufolge, und weiter: "Ich bin überzeugt, dass wir damit das Vertrauen der Kunden in unseren Finanzplatz stärken können."

Liechtenstein ist bereit, auch Abkommen abzuschließen, die über den OECD-Standard hinausgehen. Voraussetzung dafür sei die Einigung auf ein gemeinsames Verständnis zur Regelung vergangener, gegenwärtiger und zukünftiger Steuerverpflichtungen. So solle den Kunden des Finanzplatzes ein geordneter Übergang hin zu steuerlicher Legitimation ermöglicht werden. Damit wird das Problem der in Liechtenstein liegenden Steuerfluchtgelder angesprochen.

Schweiz unter Druck

"Wir sind uns unserer Verantwortung als Teil eines weltweit integrierten Wirtschaftsraumes bewusst", wird der amtierende Regierungschef Otmar Hasler in der Mitteilung zitiert. Entscheidend für die Regierung sei, dass Liechtenstein durch entsprechende Abkommen seiner Verantwortung gegenüber den Kunden des Finanzplatzes sowie den berechtigten Steueransprüchen seiner Vertragspartner nachkomme.

Der mit der Schweiz in einem gemeinsamen Währungsraum verbundene Kleinstaat hat damit das Nachbarland in punkto Steuerzusammenarbeit überholt, nachdem sich die Schweiz vor zwei Jahrzehnten noch über das Normengefälle zwischen Bern und Vaduz beschwert hatte. Seit der Zumwinkel-Affäre, die auf gestohlenen Kundendaten bei der dem Fürstenhaus gehörenden LGT-Bankengruppe basierte, hat Liechtenstein eine Vorwärtsstrategie eingeschlagen, mit der das Land den Ruf der nicht kooperativen Steueroase los werden und drohende Sanktionen abwenden will.

Der öffentlichkeitswirksam bekanntgegebene Kurswechsel Liechtensteins setzt die Schweiz unter zusätzlichen Druck. Die Regierung in Bern ist der Drohkulisse Deutschlands und Frankreichs mit einer Schwarzen Liste am G-20-Gipfel von Anfang April bisher mit einer zögerlich-abwartenden Haltung entgegengetreten. Seit vergangenem Freitag ist eine Expertengruppe an der Arbeit, die innerhalb von zwei Wochen Lösungsvorschläge machen soll. Vor Liechtenstein hatten in den vergangenen Tagen auch Singapur und Hongkong Einlenken auf den OECD-Standard signalisiert.

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