Steueroase Schweiz:Falsches Alibi

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Die Bundesregierung verschärft ihre Kritik an der Schweiz. Sie dulde Steuerhinterziehung von Ausländern und verschaffe damit anderen Staaten eine willkommene Ausrede.

Claus Hulverscheidt

Im Kampf gegen Steuerhinterzieher weitet Deutschland die ohnehin harsche Kritik an der Schweiz noch einmal aus. Neben mangelnder Amtshilfe wirft das Bundesfinanzministerium der Regierung in Bern nun auch vor, Drittländern, die die Richtlinien der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gegen Steuerdelikte ignorierten, ein Alibi zu verschaffen.

Zürich ist Anziehungspunkt für viele Anleger aus dem Ausland. In der Stadt haben viele Schweizer Banken ihren Hauptsitz. (Foto: Foto:)

Das Verhalten der Schweiz werde "von einigen Staaten und Gebieten, die grundsätzlich bereit sind, die OECD-Standards zu implementieren, zum Anlass genommen, mit der Implementierung zu warten", heißt es in der Stellungnahme des Ministeriums für den Bundestag, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Schätzungen zufolge haben Ausländer Vermögenswerte im Gesamtumfang von rund 500 Milliarden Euro in der Schweiz deponiert. Ein Teil davon dürfte Bundesbürgern gehören, die ihr Geld vor dem deutschen Fiskus verstecken wollen.

Heftige Wortgefechte

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte sich deshalb in den vergangenen Monaten mit den Schweizer Behörden teils heftige Wortgefechte geliefert. Erst am vergangenen Wochenende beteuerte die Regierung in Bern, dass sie am strikten Bankgeheimnis nicht rütteln werde.

Zugleich mehren sich allerdings die Anzeichen, dass der internationale Druck Wirkung zeigt: So dürfen die Schweizer Behörden nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Bern demnächst per Rasterfahndung - also verdachtsunabhängig - nach Steuerbetrügern suchen. Zudem soll die Finanzverwaltung ausländischen Behörden künftig nicht nur beim Verdacht auf Steuerbetrug, sondern auch in Fällen möglicher "schwerer Steuerhinterziehung" Auskunft erteilen.

In Berlin will das Bundeskabinett an diesem Mittwoch das sogenannte Steuerhinterziehungs-Bekämpfungsgesetz verabschieden, das Privatleuten und Unternehmen, die zu Steueroasen Geschäftsbeziehungen unterhalten, umfassende Auskunftspflichten auferlegt.

Nicht mehr als Betriebsausgaben anerkannt

Wer nicht kooperiert, muss damit rechnen, dass ihm Steuervorteile in Deutschland gestrichen werden. So werden Zahlungen in Staaten, die die OECD-Standards ignorieren, vom Fiskus möglicherweise nicht mehr als Betriebsausgaben anerkannt. Auf der anderen Seite kann die Steuerfreiheit für Dividendenzahlungen aus solchen Ländern aufgehoben werden.

Anders als von Steinbrück zunächst geplant, soll es aber keinen Generalverdacht gegen jeden Betrieb geben, der Waren etwa in die Schweiz liefert. Vielmehr sollen die Firmen Informationen, deren Herausgabe die ausländischen Steuerbehörden verweigern, ihren Finanzämter auch selbst zur Verfügung stellen können.

Wer ein Konto in einer Steueroase unterhält, muss dagegen damit rechnen, dass ihm eine eidesstattliche Erklärung zu seinen Vermögensverhältnissen abverlangt wird. Verweigert der Steuerpflichtige dies, werden seine Einkünfte geschätzt, was sehr teuer werden kann.

Kooperativer als die Eidgenossen

Außer der Schweiz haben auch die OECD-Mitgliedsländer Österreich, Luxemburg und Belgien die gemeinsam vereinbarten Standards gegen Steuerdelikte nicht oder zumindest nicht in vollem Umfang umgesetzt.

Wie aus der Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums an den Bundestag hervorgeht, verhalten sich alle drei Länder aber kooperativer als die Eidgenossen. Zudem gewähre die Schweiz bestimmten ausländischen Firmen erhebliche Steuerprivilegien, die am Ende zu einer Besteuerung von "nahezu null Prozent" führen könnten. Dies habe eine erhebliche "wettbewerbsverzerrende Wirkung", so der Bericht.

Der FDP-Finanzexperte Volker Wissing räumte zwar Handlungsbedarf gegenüber der Schweiz ein, kritisierte aber auch Steinbrücks Verhalten scharf. "Wer möchte, dass mehr Geld in Deutschland versteuert wird, muss für ein gerechteres Steuersystem sorgen", sagte er.

Es falle zudem auf, dass der Finanzminister zwar permanent die Regierung in Bern attackiere, andere Länder, in denen es ebenfalls Steueroasen gebe, aber schone. "Steinbrück ist gegenüber der Schweiz ein Löwe, gegenüber Luxemburg, Großbritannien und den USA aber ein Mäuschen. Das ist nicht überzeugend", betonte Wissing, der die Stellungnahme der Bundesregierung angefordert hatte.

© SZ vom 10.03.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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